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Die Gurke, genauer gesagt ihr Krümmungsgrad, sorgte als liebevoll wie ironisch aufbereitetes Beispiel der EU-Normierungswut für Schlagzeilen. Zumindest in der Zeit, als die EU die Handelsnormen des grünen Gemüses vorgab. Dabei war etwa festgelegt, dass sich eine Salatgurke der Klasse "Extra" auf zehn Zentimetern Länge um maximal einen Zentimeter krümmen dürfe.
Das Wiener Konzerthaus hat nun als erste österreichische Kulturinstitution die ISO 9001:2015 Zertifizierung erhalten - ein betriebliches Gütesiegel für die Erfüllung bestimmter Standards in den Bereichen Unternehmensführung und Kundenorientierung. Erfreulich für das Konzerthaus, das sich damit unternehmerisch schlank aufgestellt hat für die Tilgung der Schulden aus der Generalsanierung des Hauses.
Effizienz und Kunst sind jedoch ein Balanceakt, der in Zeiten der Wirtschaftlichkeit von allem und jedem immer heikler wird. Kein Unternehmen wünscht sich strukturelle Leerläufe oder ungenutzte Ressourcen. Dass man jedoch nur schwerlich effizient kreativ sein kann, ist eine Binsenweisheit. Hier nicht auf Kosten der Kunst zu wirtschaften, wird für neoliberal auf sich gestellte Kulturbetriebe immer schwerer.
Zusammen mit anderen Gemüsenormen wurde auch die für Gurken 2009 abgeschafft. Nur die Gurken scheinen das nicht mitbekommen zu haben. Die können nach jahrzehntelanger krümmungsfreier Zucht gar nicht mehr anders als gerade wachsen. Wie sich der gerade Wuchs auf den künstlerischen Wert, also den Klang der Gurke - etwa bei Konzerten des Gemüse-Orchesters - auswirkt, ist nicht bekannt.