Wer in Oberösterreich vorne ist, gewinnt auch die Nationalratswahl.
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Linz. "Entscheide gut, entscheide frei, entscheide für die Volkspartei!" Der Wahlkampfslogan der ÖVP aus dem Jahr 1966 liegt dem oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer noch heute in den Ohren. Das dazugehörige Lied rezitierte er erst kürzlich in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten". Für den damals 17-jährigen Pühringer war es der erste Wahlkampf als Involvierter, für die ÖVP war es mit der einzigen absoluten Mehrheit nach der ersten Nationalratswahl 1945 ein historischer Erfolg.
Schon damals spielte Oberösterreich für die ÖVP mit einem Ergebnis von 51 Prozent eine Schlüsselrolle. Seither gilt die Formel, wer in Oberösterreich vorne liegt, liegt auch im Bund vorne. Seit 1966 gelang das der ÖVP nur noch einmal, bei Wolfgang Schüssels Wahlsieg 2002. Will die ÖVP also Michael Spindelegger zum Kanzler machen, wird es auch in Oberösterreich eine schwarze Mehrheit brauchen, sind sich Beobachter einig. Verteidigt die SPÖ dagegen das bei Landtagswahlen an sich tiefschwarze Bundesland, schaut es bundesweit ebenfalls gut mit Platz eins aus.
Prominent besetzte Listen
Das blieb auch den Parteistrategen nicht verborgen, und dementsprechend prominent besetzt sind die Landeslisten. Bei der Volkspartei sind Finanzministerin Maria Fekter und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner Spitzenkandidaten für Oberösterreich, bei der SPÖ steht Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ganz oben auf der Liste.
Die Bedeutung des Landes lässt sich auch an den Reiseplänen der bundesweiten Spitzenkandidaten ablesen. Bundeskanzler Werner Faymann war am Mühlviertler Volksfest in Freistadt und ist heute, Freitag, auf der Rieder Messe. Michael Spindelegger startete die ÖVP-Sommertour in Oberösterreich und besucht das Bundesland für einen eigenen oberösterreichischen Wahlkampfauftakt und -abschluss.
Zauberwort Mobilisierung
Da ist es nur logisch, dass auch den beiden Landesparteien eine Schlüsselrolle zukommt. Die oberösterreichische SPÖ setzt dabei genauso wie die ÖVP auf eine altbewährte Strategie: Mobilisierung. "Es ist sinnlos, jemanden, der eine andere Überzeugung hat, umstimmen zu wollen. Da geht es auch um Respekt. Wichtig ist, jene Leute, die dem eigenen Gedankengut nahestehen, zu überzeugen, zur Wahl zu gehen", erklärt Christian Horner, Landesgeschäftsführer der SPÖ.
Die ÖVP setzt dabei auf ihren hohen Organisationsgrad und will die Wähler über ihre 26.000 Funktionäre in den Gemeinden erreichen. "Die Mobilisierung über die eigenen Funktionäre wird die Kernaufgabe sein", sagt Horners Pendant auf ÖVP-Seite, Wolfgang Hattmannsdorfer. Unterwegs sein will man im ganzen Land, in den Hochburgen der ÖVP, dem Inn- und Mühlviertel, wird die Kampagne aber breiter angelegt sein.
Die SPÖ geht etwas anders vor. Horner spricht von einem "innovativen Ansatz" und nennt die Kampagnen von Barack Obama in den USA und François Hollande in Frankreich als internationale Vorbilder. Tatsächlich handelt es sich um ein uraltes Wahlkampfmittel: Hausbesuche. Die Vorbereitung mag freilich innovativ gewesen sein. Über zwei Jahre analysierte die SPÖ Sprengelergebnisse der letzten Nationalratswahlen und filterte bis auf Straßenzüge genau heraus, wo sich SPÖ-Sympathisanten finden. Dort werden die Funktionäre nun von Kandidaten bis hinauf zu Barbara Prammer begleitet. Das wird sich tendenziell ebenfalls auf die roten Hochburgen - Linz und das Umland, die übrigen Städte sowie den viertgrößten Bezirk des Bundeslandes, Gmunden - konzentrieren.
Von den ersten Rückmeldungen ist Horner nachgerade begeistert, von Politikverdrossenheit sei keine Spur. "Es läuft sehr gut. Viele haben das erste Mal persönlichen Kontakt mit Spitzenpolitikern. Die Oberösterreicher sind freundliche Menschen, wir werden sehr interessiert wahrgenommen", sagt Horner und erzählt von Einladungen zu Kaffee und Keksen. Er glaubt, die Schlüsselwähler gut eingrenzen zu können: "Es sind circa 100 Gemeinden, die entscheiden, wer den ersten Platz belegt."