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Klone als Angstmacher und Hoffnungsträger

Von Edwin Baumgartner

Wissen

Klonen ist ein zentrales Thema der Science Fiction in Film und Literatur.


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Möglicherweise war der britische Autor Aldous Huxley wirklich der Erste, der das Klonen in die Literatur einführte: In seinem 1932 erschienenen Roman "Schöne Neue Welt" werden genetisch identische Menschen im Labor hergestellt. Huxley hat seine Vorstellungen dermaßen perfekt umgesetzt, dass an seiner Idee weder Buch- noch Drehbuchautoren daran viel weitergestrickt haben.

Der Klon unterläuft einerseits den Wunsch des Menschen, ein unverwechselbares Individuum zu sein, was Arnold Schwarzenegger im Film "The 6th Day" auf bittere Weise am eigenen Leib erfahren muss. Andererseits erwecken Massen gleich aussehender gleich agierender Menschen unweigerlich die Angst vor den uniformen Herrenrassemenschen der Nationalsozialisten, was sich der Film "Star Wars - Episode II, Angriff der Klonkrieger" zunutze macht.

Auch der US-amerikanische Schriftsteller John Scalzi lotet in seinem Roman "Krieg der Klone" deren kämpferisches Potenzial aus, freilich ohne stichhaltig zu erklären, weshalb ausgerechnet alte Menschen geklont, dabei verjüngt und mit physischen Verbesserungen ausgestattet werden.

Dass Astronautin Ellen Ripley in "Alien 4" geklont werden muss, resultiert aus der Unmöglichkeit, auf Sigourney Weaver zu verzichten, und deren Tod im Schmelzofen im Vorgängerfilm, den eine außerirdische Kreatur überleben mag, ein Mensch jedoch mit Sicherheit nicht.

Aber warum sollte man immer nur Menschen klonen? - Nicht wegen des Klonens selbst, sondern genau genommen, um die Chaostheorie zu exemplifizieren, klonte der US-amerikanische Autor Michael Crichton in seinem Roman "DinoPark" die Urwelt-Echsen - und das höchst erfolgreich, speziell ab dem Moment, da Steven Spielberg daraus die "Jurassic Park"-Filme machte.

Während das Menschen- und Saurier-Klonen indessen reine Zukunftsmusik ist, kommt die Idee des Klons als Ersatzteillager dem moralischen Dilemma der Realität näher, denn dabei handelt es sich um ein Weiterführen dessen, was bereits ansatzweise mit embryonalen Stammzellen möglich ist. Der britische Autor Kazuo Ishiguro berichtet von solchen lebenden Ersatzteillagern in seinem auch verfilmten Roman "Alles, was wir geben mussten". Im Film "Die Insel" wird gleichfalls geklont, um Ersatzteile für den menschlichen Körper herzustellen.

Sich selbst duplizieren, um im Hier und Jetzt ewiges Leben zu bekommen? - Eigentlich Unfug, denn das Bewusstsein und damit das Ich, dem man das ewige Leben zukommen lassen will, endet mit dem Tod. Der Klon kann also nur eine Art Sohn oder Tochter sein, bloß genetisch identisch. Wahrscheinlich deshalb kommt der Film "Blueprint" auch über eine mehr oder weniger normale sturmgeschwängerte Mutter-Tochter-Beziehung nicht hinaus.

Etwas mehr Spaß macht da der Film "Vier lieben Dich" (1996), in dem sich Michael Keaton klonen lässt, um gleichzeitig mehr arbeiten und mehr Zeit für sich und seine Frau Andie MacDowell zu haben. Kann es sein, dass die US-Produktion sich an dem neun Jahre älteren und wesentlich witzigeren tschechischen Jugendfilm "Morgenstund’ hat Gold im Mund" orientierte, in dem sich der kleine Pavel klont und die brave Kopie sowohl in familiären als auch in schulischen Einsatz bringt? Derzeit gewiss nicht machbar - aber ein wenig Traum muss sein . . .