Was bedeutet die neue sicherheitspolitische Großwetterlage für Österreich? Verteidigungsminister Klug im Interview.
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Cardiff/Wien. Was bedeutet der neue Konfrontationskurs in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen für Österreich? Die beiden blockfreien EU-Staaten Schweden und Finnland wollen näher an die Nato heranrücken und ihre Territorialstreitkräfte aufrüsten; sogar eine Teilnahme an der geplanten schnellen Eingreiftruppe für Osteuropa ist hier ein Thema. Anders als die beiden nordischen Staaten liegt das neutrale Österreich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zum neu erwachten russischen Bären.
Österreichs sicherheitspolitische Situation unterscheidet sich allerdings allein schon aufgrund der geografischen Lage wesentlich von jener der beiden skandinavischen Staaten, sind wir doch - abgesehen von der Schweiz und Liechtenstein - von lauter EU-Mitgliedern umgeben. Mit der Nato verbunden ist das neutrale Österreich dagegen seit 1994 über die "Partnerschaft für den Frieden" (PfP), einer Plattform für militärische Kooperation zwischen den 28 Bündnis-Staaten und 22 weiteren europäischen und asiatischen Ländern, darunter auch Russland.
Österreich war in Cardiff mit Verteidigungsminister Gerald Klug vertreten. Dieser nahm am Donnerstag an einer Aussprache zur Lage in Afghanistan teil. An den Gesprächen der Nato zur Lage in der Ukraine nahm der Minister nicht direkt teil. Die "Wiener Zeitung" hatte Gelegenheit, mit Klug am Rande der Konferenz zu sprechen.
"Wiener Zeitung": Herr Minister, die beiden Blockfreien Schweden und Finnland rücken angesichts der neuen Bedrohungslage näher an die Nato heran, Österreich nicht. Warum?Gerald Klug: Weil Österreich kein Nato-Mitglied ist.
Das sind die beiden genannten Staaten auch nicht.
Ja, aber wir konzentrieren uns darauf, aktiv an der Weiterentwicklung unserer erfolgreichen Partnerschaften zu arbeiten, dies vor allem im Hinblick auf internationale Einsätze - Stichwort Kosovo. Deshalb kommt eine Beteiligung an der von ihnen angesprochen neuen schnellen Eingreiftruppe der Nato für Ostereuropa für uns nicht in Frage.
Bedeutet dies im Umkehrschluss ein stärkeres Engagement Österreichs an internationalen Einsätzen? Aufgrund der neuen Ausrichtung der Nato hin zur traditionellen Territorialverteidigung wird dies wohl zwangsläufig zulasten des internationalen Engagements der Bündnisstaaten gehen.
Wir verfügen bereits über ein starkes internationales Engagement, das sich zur Hauptsache auf den Westbalkan bezieht. Für mich steht außer Frage, dass die gesamte EU in Zukunft mehr für die eigene Sicherheit leisten muss. Österreich wird sich hier intensiv einbringen.
In den letzten Stunden stieg die Hoffnung auf einen Waffenstillstand in der Ost-Ukraine. Ist es für Sie vorstellbar, dass sich Österreich an einer internationalen Mission beteiligt, die diesen überwacht?
Grundsätzlich stimmt mich die jüngste Entwicklung hier zuversichtlich. Wenn sich diese Hoffnungen bewahrheiten, gilt es die Details zu klären, wie ein solcher Waffenstillstand auch wirklich glaubwürdig überwacht werden könnte: Wie schaut das konkrete Mandat aus, welche internationale Organisation wird damit beauftragt? Das müssen wir alles zuerst klären.
Das klingt nach einem vorsichtigen Ja.
Wir sind noch ganz am Anfang, aber ja: Persönlich schließe ich eine österreichische Beteiligung nicht aus.
Sie haben in Cardiff auch an den Beratungen zur internationalen Afghanistan-Mission Isaf teilgenommen, deren Zukunft völlig in der Luft hängt, da das Mandat zu Jahresende ausläuft. Österreich ist derzeit mit drei Soldaten beteiligt. Wie geht es hier weiter?
Bei den Beratungen waren wir uns alle einig, dass Isaf trotz aller Schwierigkeiten eine Erfolgsmission war, die einen wichtigen Beitrag auch zur Sicherheit Europas und Österreichs geleistet hat. Auch die humanitäre Bilanz ist positiv: Die Lebenserwartung der Menschen vor Ort ist massiv gestiegen, der Zugang zu Bildung für Jugendliche - auch von Mädchen - ist um 1000 Prozent gestiegen. Es besteht Konsens, eine quantitativ reduzierte, aber mit einem robusten Mandat ausgestattete Mission fortzusetzen. Dazu bedarf es aber noch der rechtlichen Abkommen mit Afghanistan. Dessen Außenminister hat noch einmal versichert, dass beide Anwärter auf die Präsidentschaft ein Interesse an einer Fortsetzung der Mission haben.
Wie wird Österreichs künftige Beteiligung an dem Einsatz aussehen, wenn es denn zu der angestrebten Verlängerung kommt?
Ich kann mir ein stärkeres Engagement von bis zu zehn Stabsoffizieren vorstellen, unter der Bedingung, dass dem auch der Ministerrat und der Hauptausschuss des Nationalrats zustimmen.