Unnachgiebig zeigt sich die Europäische Kommission in der Frage der Direktzahlungen für LandwirtInnen in den Kandidatenstaaten. Diese sollen im Jahr ihres EU-Beitritts lediglich 25 Prozent der Förderungen erhalten; die volle Subventionssumme erst nach einer zehnjährigen Übergangsfrist. In Polen mehren sich unterdessen Befürchtungen, dass das Land im ersten Jahr seiner Mitgliedschaft zum Nettozahler werden könnte. Die Ausschöpfung der Mittel aus den Strukturfonds erweist sich nämlich als Problem.
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John O'Rourke brachte es auf den Punkt. "Die Frage ist nicht mehr, ob und wann Polen der EU beitritt", meinte einer der Spitzenvertreter der Delegation der Europäischen Kommission in Polen. Vielmehr gehe es nun darum, unter welchen Bedingungen die Mitgliedschaft verlaufe. Es gelte die Gefahr abzuwenden, dass das Land im Jahr seines EU-Beitritts finanziell schlechter gestellt sei als im Jahr davor.
Die Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen. Als vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass das Land rund ein Sechstel der Mittel für PHARE-Programme - und damit 70 Mill. Euro - verlieren könnte, ist abermals die Debatte entbrannt, ob Polen der EU-Beitritt finanziell mehr schadet als nützt. "Aus den Berechnungen der Europäischen Kommission geht hervor, dass Polen im ersten Jahr seiner Mitgliedschaft Nettozahler sein könnte", bestätigte Polens Vizepremier und Landwirtschaftsminister Jaroslaw Kalinowski. "Wir haben auf diese Gefahr hingewiesen, und die Kommission hat versichert, dass sie nach Lösungsmöglichkeiten sucht."
Eine davon liegt in den Fördertöpfen der EU. Diese stellt Polen für die Jahre 2004 bis 2006 rund 21 Mrd. Euro zur Verfügung; der Großteil davon - etwa 14 Mrd. Euro - entfällt auf Mittel aus den Strukturfonds für ländliche Entwicklung. Doch dafür muss auch Polen seinen Beitrag leisten. Und dies könnte sich als größeres Problem für das Land erweisen als die Direktzahlungen für LandwirtInnen, die geringer als erhofft ausfallen.
Schwierigkeiten ortet O'Rourke vor allem in der öffentlichen Verwaltung. Teilweise mangle es den polnischen Behörden an technischem Wissen, wie die Vorgaben der Union - bis hin zur Einreichung der geförderten Projekte - umgesetzt werden sollten. Und nicht zuletzt seien qualifizierte Mitarbeiter-Innen rar.
Es fehle an Kapital, betont wiederum die polnische Seite. Denn 15 bis 20 Prozent beträgt die Kofinanzierung für die Fonds. Dies stellt für viele Regionen eine große finanzielle Hürde dar. Doch sollte das Geld nicht rechtzeitig aufgebracht werden, verfallen die Fördermittel aus Brüssel.