Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr. | Leoben. Knalleffekt am zweiten Verhandlungstag beim Prozess gegen den früheren AvW-Chefvermittler, AvW-Vorstand und Ex-DSV-Leoben-Präsidenten Hans Linz in Leoben: Nach der Mittagspause beschloss das Gericht, den Angeklagten in Untersuchungshaft zu nehmen. Begründet wurde die Festnahme mit Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr.
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Außerdem hat Staatsanwalt Thomas Liensberger die Anklage auf eine Schadenssumme von zumindest 35 Mio. Euro ausgedehnt.
Linz hatte eingestanden, dass - abgesehen von den bekannten Geschädigten - noch andere Anleger auf ihr Geld warten würden. Gutachter Fritz Kleiner errechnete fünf bis neun zusätzliche Millionen Euro Schaden, die nun zu den bereits angeklagten 30,5 Mio. Euro hinzukommen. Gefunden wurden die Informationen in einer geschützten Datei auf einer Festplatte von Linz.
Außerdem wurden Darlehens-Verträge gefunden, die der Angeklagte teilweise erst vor wenigen Tagen im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Roland Linz GmbH vorgenommen haben dürfte: "Die Kunden kamen zur Roland Linz GmbH und sagten, sie hätten Geld übrig, das sie investieren wollen," so der Beschuldigte. Davor hatte der 47-Jährige behauptet, nichts mehr mit Krediten zu tun zu haben. Der Staatsanwalt ortete Tatbegehungsgefahr und beantragte auch aus diesem Grund die Untersuchungshaft. Richterin Sabine Anzenberger meinte, auch für sie sei das der "wesentlichste Grund" für die Verhaftung.
Die jüngste Entwicklung brachte den Fahrplan durcheinander. Eigentlich hätten Masseverwalter Erwin Bajc und der verurteilte AvW-Boss Wolfgang Auer-Welsbach als Zeugen gehört werden sollen. Doch die Befragung von Linz zog sich in die Länge und brachte immer mehr Details ans Tageslicht. Richterin Anzenberger konnte kaum glauben, dass sich Opfer mit Millionen-Ansprüchen nicht als Privatbeteiligte angeschlossen hatten. "Sie haben jene Kunden mit den hohen Summen noch in den vergangenen Wochen besucht. Was läuft da im Hintergrund? Entweder war das Schwarzgeld oder Sie versprechen den Kunden noch etwas."
Davor hatte Linz noch gemeint, dass er den Kunden, mit denen er "selbstverständlich noch in Kontakt" sei, gesagt habe: "Wenn wir von der AvW kein Geld mehr bekommen, wäre noch der Weg zur Republik möglich, weil die Aufsichtsorgane versagt haben." Anzenberger zeigte sich fassungslos und fragte ironisch: "Sie wollen Geld von der Republik dafür, dass Sie wie ein Kaiser gelebt haben?"
Der Schöffenprozess am Leobener Landesgericht hatte schon am ersten Tag spektakulär geendet: Kurzfristig wurde eine neuerliche Hausdurchsuchung bei Linz, der sich davor für "nicht schuldig" bekannt hatte, angeordnet. Die beschlagnahmten Daten von einem Laptop sowie auf Fax-Papieren erbrachten dann jene Verdachtsmomente, die am zweiten Tag zur Festnahme im Gerichtssaal führten.
Laut Anklage hat Linz von 1996 bis zum Zusammenbruch des AvW-Konglomerats im Oktober 2008 Anleger um viele Millionen gebracht. Einen Teil des Geldes soll er in seinen Fußballverein DSV Leoben gesteckt haben. Auch Angehörigen überschrieb er beträchtliches Vermögen, bevor der Konkurs über ihn als Privatperson und seine Firmen schlagend wurde.