Das polnische Parlament (Sejm) hat sich am Freitag mit äußerst knapper Mehrheit gegen eine Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen.
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Die Abgeordneten lehnten den Antrag der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) mit 198 zu 194 Stimmen ab. Präsident Aleksander Kwasniewski erklärte zuvor, er werde kein Gesetz zur Wiedereinführung der Todesstrafe unterzeichnen. Er berief sich dabei auf europäische Standards und die Lehren von Papst Johannes Paul II.
Letzte Exekution 1988
Die letzte Exekution in Polen wurde 1988 vollzogen. Kurz vor dem Ende des Kommunismus wurde die Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt, sie wurde aber weiterhin in wenigen Fällen besonders schwerer Morde von Gerichten verhängt. Mit der Ratifikation des 6. Protokolls der Europäischen Konvention für Menschenrechte wurde am 1. November 2000 die Todesstrafe in Polen endgültig abgeschafft.
Anlass für das Wiederaufkeimen der Diskussion ist der Mord an einer 21-Jährigen, die von inzwischen verhafteten jungen Männern aus einem Zug-Fenster geworfen wurde. Die Todesstrafe für Mörder sei moralisch gerechtfertigt und diene als Abschreckung, so der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski.
Wäre der PiS-Antrag im polnischen Parlament durchgegangen und eine Änderung des Strafrechts erfolgt, dann hätte Polen unter anderem gegen die EU-Grundrechtscharta verstoßen: dort heißt es in Artikel 2: "Jede Person hat das Recht auf Leben. Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Das polnische Justizministerium begrüßte das Votum des Parlaments: Die Wiedereinführung der Todesstrafe hätte Polen "in der internationalen Arena kompromittiert", so eine Sprecherin. "Wir sollten bei den demokratischen Standards bleiben".
Die Idee einer Wiedereinführung der Todesstrafe ist in Polens Bevölkerung seit Jahren populär. Vor allem nach Bekanntwerden besonders brutal ausgeführter Morde wird der Ruf nach Wiedereinführung der drastischen Bestrafung lauter.