Die Bekämpfung von extremer Armut ist zur Jahrtausendwende politisch auf den Spitzenplatz der internationalen Agenda gerückt. Die im Jahr 2000 verabschiedeten acht Millenniumsziele streben bis 2015 grundlegende soziale Verbesserungen für Menschen weltweit an, in deren Zentrum die Armutsreduzierung steht. Diese Woche tagt die UNO auf höchster Ebene, um Bilanz zu ziehen und Ausblick zu gewähren. Österreich ist mit Bundespräsident Heinz Fischer und Außenminister Michael Spindelegger vertreten.
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Die Millenniumsziele werden von einer breiten Mehrheit entwicklungspolitischer Akteure als wichtige gemeinsame Weichenstellung angesehen - von UNO-Mitgliedstaaten, Weltbank, Währungsfond, Nationalstaaten und Nichtregierungsorganisationen. Sie begrüßen die Fokussierung der Anstrengungen auf wenige Ziele, ihre zeitlich gebundene Erreichung und Überprüfbarkeit, die Koppelung von Entwicklungspolitik und nationalstaatlichen Politiken als Neuerungen.
Auch Österreich hat die Millenniumsziele in seiner Entwicklungszusammenarbeit verankert und in den vergangenen zehn Jahren bekräftigt, seine Beiträge gemäß Zusage aus dem Jahr 1970 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen und zu ihrer Erreichung einzusetzen. Umgesetzt wurde dies aber niemals. Im Gegenteil: 2009 wurden die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit um 31,2 Prozent - also ein Drittel von ohnehin zu wenig - gekürzt. Wegen der Krise. Die österreichischen Nichtregierungsorganisationen aus Entwicklungspolitik und humanitärer Hilfe kritisieren diese Sparpolitik massiv, zumal die Hälfte der europäischen Mitgliedstaaten trotz der Krise ihre Mittel nicht nur nicht gekürzt, sondern sogar erhöht haben (darunter auch Länder wie Ungarn, Rumänien, Litauen und Zypern).
Finanzierung und Kohärenz bilden die Kernpunkte des Ziels Nummer acht (Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung). Während in den ersten sieben Zielen die Entwicklungsländer selbst intensive Anstrengungen unternehmen müssen, um Fortschritte zu erzielen, fordert Ziel acht ein klares politisches Bekenntnis der Industrienationen. Jedoch nicht nur der Mittelfluss zur Umsetzung der Ziele eins bis sieben muss sichtbar zunehmen, vor allem müssen Reformen in Weltwirtschaft und Handel, EU-Agrarpolitik, internationalem Finanzsystem etc. Platz greifen, um die strukturellen Ursachen für die weltweite soziale Ungleichheit zu beseitigen. Österreich versagt auch in diesem Punkt. Keine Positionierung, kein Vorstoß, nicht einmal ein Vordenken, das eine Diskussion in den entsprechenden Gremien und Runden anstoßen könnte.
Schließlich haben wir ja eine Krise - im viertreichsten Land der EU. Aber doch nicht seit 40 Jahren? "Die Krise" ist nicht mehr als eine höchst willkommene Ausrede für fehlenden politischen Willen.
Petra Navara-Unterluggauer ist Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung - Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe (www.globaleverantwortung.at).