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Koalas: Opfer der Buschbrände

Von Kerstin Viering

Wissen

Am Wochenende könnten die Buschfeuer in Australien einen neuen Höhepunkt erreichen. Auch das Symboltier des Kontinents, der Koala, ist im Feuer gefangen und hochgefährdet.


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Der kurze Film im Internet ist herzzerreißend. Verstört irrt ein Koala auf einer verqualmten Straße herum und tappt mitten ins brennende Unterholz. Sein Schicksal scheint besiegelt zu sein, doch plötzlich wird er von einer menschlichen Nachbarin gerettet. Als Erste Hilfe gibt es ein paar Schluck Wasser gegen den quälenden Durst und zur Abkühlung einige weitere Spritzer ins Fell. Doch die Schreie des verängstigten und offenbar auch verletzten Tieres verraten, dass es damit nicht getan ist.

Die verheerenden Brände an der Ostküste Australiens ziehen auch eine Ikone der dortigen Tierwelt in Mitleidenschaft. Denn die Koalas sind für Brände schlecht gerüstet. Als gemütliche Baumbewohner stehen sie den Flammen weitgehend hilflos gegenüber. Auf flinken Pfoten wegzurennen, ist nicht ihre Sache. Und ihre alte Strategie, sich bei Gefahr in die Kronen zurückzuziehen, hilft in dem Inferno nicht weiter.

Große Waldbrände gab es in ihrer Heimat zwar auch schon früher. Doch die Ereignisse werden häufiger und zerstörerischer. Immer heißere Flammen erreichen selbst die höchsten Wipfel. Und ihre Saison beginnt früher. Nach einer ungewöhnlich langen Dürre wüten die Buschfeuer im Südosten Australiens seit Oktober. Nun herrscht Katastrophenalarm: Tausende Menschen sind auf der Flucht. In den Bundesstaaten New South Wales und Victoria musste mehr als ein halbes Dutzend Städte evakuiert werden. Und weil noch einmal steigende Temperaturen von bis zu 46 Grad angekündigt sind, droht sich die Lage weiter zu verschlimmern.

Zählung ist schwierig

Die Koalas zahlen nach Einschätzung von Experten einen hohen Preis. In der Region um Lake Innes südlich von Port Macquarie etwa sind nach einem Blitzschlag 3000 Hektar naturnahes Buschland in Flammen aufgegangen. "Dieses Feuer hat zu einigen schrecklichen menschlichen Tragödien geführt", berichtet Bob Sharpham vom Koala Hospital in Port Macquarie: "Außerdem hatte es katastrophale Auswirkungen auf die Tierwelt und besonders auf die Koalas." Immerhin galten zwei Drittel der verbrannten Flächen als Koala-Refugium. "Die dortige Population ist von nationaler Bedeutung", betont Sharpham. Die Mitarbeiter des Hospitals gehen davon aus, dass wohl mindestens 350 Koalas ums Leben gekommen sind. Wie stark der Lebensraum dauerhaft geschädigt ist, bleibt abzuwarten. Die verschiedenen Arten von Eukalyptusbäumen, die den Tieren Nahrung und Unterschlupf bieten, sind zwar an Feuer angepasst und können nach einem Brand wieder ausschlagen. Wie viele davon aber die besonders heißen Flammen überstehen, muss sich weisen.

Dabei sind Australiens pelzige Sympathieträger ohnehin in Bedrängnis. Die Organisation "Australian Koala Foundation" (AKF) schlägt Alarm, die grauen Baumbewohner mit den flauschigen Ohren seien in der gesamten australischen Landschaft "funktionell ausgestorben". Gemeint ist damit, dass sich die Bestände wohl nicht mehr erholen können. Andere Fachleute bezweifeln das allerdings. Für einige Regionen stimme diese pessimistische Einschätzung zwar, aber sicher nicht für alle.

Von fundierten Daten über die Größe und Entwicklung des Bestands können Wissenschafter bisher nur träumen. "Koalas zu zählen, ist extrem schwierig", sagt Alex Greenwood vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin. "Schließlich verbringen sie viel Zeit hoch oben in Eukalyptus-Bäumen und das oft in entlegenen Regionen." Die klassische Zählmethode besteht darin, im Dunkeln nach den überwiegend nachtaktiven Tieren zu fahnden. Gezielt läuft man dazu eine feste Strecke entlang und leuchtet jeden einzelnen Baum aus verschiedenen Winkeln ab. Das ist aufwendig und teuer. Mehr als ein paar Stichproben in kleineren Gebieten sind da bei den meisten Studien nicht drin. Darüber hinaus gibt es Bürgerforschungsprojekte, bei denen Interessierte ihre Koala-Beobachtungen beisteuern.

Auch mit Drohnen, Wärmebildkameras und Mikrofonen haben Forscher Daten zusammengetragen. Für einen Überblick aber reicht das nicht. "Bisher weiß niemand, wie viele Koalas es genau gibt", sagt Greenwood. Die Koala-Schützer von der AKF nehmen an, dass in ganz Australien höchstens noch 80.000 dieser Beuteltiere leben. Eine Studie, die Christine Adams-Hosking von der University of Queensland und ihre Kollegen 2016 veröffentlicht haben, kam auf eine deutlich höhere Zahl von 329.000 Tieren. Auch diesen Forschern macht aber der rückläufige Trend Sorgen: So hat Australien ihren Schätzungen zufolge innerhalb von drei Generationen fast ein Viertel seiner Koalas verloren.

Vom Aussterben bedroht

Es steht also nicht gut um Australiens populären Eukalyptus-Fresser. Die verheerenden Feuer sind nur eine von zahlreichen Schwierigkeiten, mit denen die Art zu kämpfen hat. So verstärkt der Klimawandel auch die Dürren, die den Eukalyptusbäumen zu schaffen machen. Auch die immer häufigeren extremen Hitzewellen verkraften die Tiere nicht gut. Zusätzlich sind sie von Krankheiten, wie dem Krebs-auslösenden Koala-Retrovirus, oder sexuell übertragbaren Bakterien, bedroht. Außerdem müssen Eukalyptuswälder bis heute Siedlungen und Farmland weichen. Wenn man dagegen nichts unternehme, könnten die Beuteltiere 2050 ausgestorben sein.