"Die Arbeitstagung der Bundesregierung soll und wird die Basis für die Zusammenarbeit bis Herbst 1999 legen. Damit ist klar ausgedrückt, daß die Koalitionsparteien die Absicht haben, bis dahin | zusammenzuarbeiten", stellte Bundeskanzler Viktor Klima gestern in einer Pressekonferenz mit Vizekanzler Wolfgang Schüssel bei einer Zwischenbilanz der Regierungsklausur in Bad Aussee klar. Die | beiden Parteichefs gaben sich demonstrativ konziliant und beurteilten die verbalen Kraftakte der vergangenen Tage als "Ideenwettstreit".
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Die Steuerreform ist zwar kein Thema der Regierungsklausur, dennoch konnte dieses Projekt nicht ganz ausgeklammert werden, zumal es in den vergangenen Tagen Wünsche ans Budget gegeben hatte. "Es
steht außer Streit, daß die Nettoentlastung bei der Steuerreform 30 Mrd. Schilling inklusive der Familienmaßnahmen betragen soll und nicht mehr", betonte der Bundeskanzler.
Drei Elemente der Steuerreform wurden gestern außer Streit gestellt: Unternehmen, die Lehrlinge bis zum Lehrabschluß ausbilden, erhalten steuerliche Anreize. Betriebsübergaben werden steuerlich
erleichtert, wofür Maßnahmen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer notwendig sind, und die Forschungsfreibeträge werden angehoben. Wichtig sei, daß bei der Steuerreform incentives in Richtung
Ausbildung, Betriebsübergaben und Forschung gesetzt würden, unterstützte Schüssel.
Wirtschaft und Beschäftigung sind das zentrale Thema der Arbeitstagung. Die Bundesregierung sieht sich aber durch die geänderte Weltwirtschaft vor neuen Herausforderungen.
Denn die Wirtschaftswachstumsprognosen für 1999 sind für die EU von 2,4 auf 2,1 Prozent BIP zurückgenommen worden, für Österreich haben die Wirtschaftsforscher von 3,2 auf 2,4 Prozent revidiert.
Bei der Budgeterstellung für heuer sei man von einem BIP-Wachstum von 2,8 Prozent ausgegangen, erklärte Klima.
Es bedürfe daher besonderer Anstrengungen sowohl in der Struktur- als auch in der Arbeitsmarktpolitik. So werde eine Arbeitsgruppe in den nächsten drei Monaten die Neustrukturierung der Gesundheits-,
Sozial- und Pflegeberufe angehen. Schüssel schätzt, daß hier 40.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten.
Klausur legt Basis für Zusammenarbeit bis Herbst
Erhöht müsse in jedem Fall die Forschungsintensität werden, was mit der Steigerung der direkten Forschungsausgaben von 2,2 Mrd. Schilling im Jahr 1996 auf heuer 3,8 Mrd. Schilling schon begonnen
worden sei, sagte Klima. Die Forschungsquote solle innerhalb von fünf Jahren von 1,56 auf 2,5 Prozent des BIP angehoben werden.
"Das ist zwar ein absolut ehrgeiziges Ziel, aber erreichbar", zeigte sich der Vizekanzler mit seinem Regierungschef einer Meinung. In diesem Zusammenhang betonte Schüssel auch, daß mit der Notenbank
bereits heuer zusätzliche 500 Mill. Schilling für deren Jubiläumsfonds akkordiert seien. Damit lege die OeNB heuer insgesamt 700 Mill. Schilling für Forschung aus. Diese Mittel sollen im Jahr 2001
erhöht, und wenn die Währungsreserven durch die Euro-Einführung dann nicht mehr gebraucht werden, weiter gesteigert werden, betonte Schüssel.
Einigkeit konnte offensichtlich auch über den Klima-Vorschlag, alle Gesetzesmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit für den Wirtschaftsstandort Österreich und die Beschäftigung hin zu überprüfen, erzielt
werden. "Wir haben diese Idee aufgegriffen und gemeinsam außer Streit gestellt", betonte Schüssel.
Es sei insgesamt eine sehr spannende Diskussion, ohne festgelegte Tagesordnung und ohne Maulkorb. "Jeder Minister hat sich bereits sehr kreativ
eingebracht", streute der Vizekanzler der Regierungsmannschaft Rosen.
Was die von Schüssel vorgeschlagene Ausgabenüberprüfungskommission betreffe, meinte der Bundeskanzler, daß er selbst bereits als Finanzminister eine Studie zur Senkung des Ausgabenpotentials angeregt
habe und dieses Thema mit Schüssel bereits vor drei Wochen besprochen habe. Finanzminister Edlinger, Wirtschaftsminister Farnleitner, Staatssekretär Ruttenstorfer und Landwirtschaftsminister Molterer
würden nun mit den Ressorts kurzfristige Einsparungsmöglichkeiten erörtern, längerfristig werde man durchaus auf Berater von außen zurückgreifen, zeigte sich Klima mit Schüssel übereinstimmend.
"Die Abläufe des Staates müssen auf allen Ebenen optimiert werden", sekundierte der Vizekanzler und nannte beispielhaft, daß etwa die Sozialversicherungsnummer künftig für verschiedene Amtseingaben
durchaus ausreichend sein müßte, anstatt ständig sämtliche Dokumente von Staatsbürgerschaft bis Meldezettel vorweisen zu müssen.