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Koalition gegen IS erhält arabisches Gesicht

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Den USA wird im arabischen Raum misstraut. Deshalb ist Jordaniens Engagement im Kampf gegen den Terrorismus so entscheidend.


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Es ist eine der Schwächen der US-geführten Koalition gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS), dass man den USA in weiten Teilen der arabischen Welt als Botschafter nicht traut. Daher ist es wichtig, dass Jordaniens König Abdullah II bereit scheint, eine unüblich sichtbare Rolle beim Organisieren einer arabischen Opposition gegen die Extremisten zu spielen.

Abdullah geht an zwei Fronten gegen die Dschihadisten vor: ideologisch und militärisch. Unterstützt wird er - nach der Tötung eines jordanischen Piloten durch die Dschihadisten - von einer in Jordanien seltenen nationalen Einigkeit. Der Tod des Piloten hat das Land erzürnt und geeint.

Entscheidend an Jordaniens neuem Aktivismus ist, dass die Koalition dadurch ein arabisches und muslimisches Gesicht bekommen könnte, nicht mehr nur ein amerikanisches. Den USA wird in der Region solch tiefes Misstrauen entgegengebracht, dass arabische Politiker, die zu offen kooperieren, oft als Marionetten "der Kreuzfahrer" gebrandmarkt werden. Abdullah hat sich entschlossen, das Tabu zu brechen - und riskiert politisch dabei einiges.

Die ideologische Seite der Kampagne beginnt mit dem Versammeln einer Kerngruppe arabischer und muslimischer Länder, die gegen den Islamischen Staat sind. Neben Jordanien werden dazu wahrscheinlich Ägypten, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko und Pakistan gehören. Diese muslimische Koalition plant in den nächsten Wochen eine Konferenz an der sunnitischen Universität Al-Azhar in Ägypten.

Auf der militärischen Seite stehen die Bombenangriffe der Jordanier auf Stellungen des IS im Irak und in Syrien. Noch wichtiger könnte ihre Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung sein, Sunniten zu bewaffnen und auszubilden. Diese Kooperation mit der schiitisch-geführten Regierung in Bagdad wäre für Jordanien früher Ketzerei gewesen.

Sunnitische Stammesführer im Irak sind gefangen zwischen ihren Ressentiments gegen die Kämpfer des IS, die ihre Städte eingenommen haben, und ihrem Misstrauen gegen die Regierung von Premierminister Haider al-Abadi. Und zu Schwierigkeiten kommt es vor allem durch die sich im Irak ausbreitenden Schiitenmilizen.

Gelingt es Abadi nicht, diese vom Iran unterstützten Kämpfer von ihren Operationen in sunnitischen Gebieten abzuhalten, wird die Allianz zwischen Amman und Bagdad wahrscheinlich scheitern. Es ist ein Musterbeispiel des zentralen Dilemmas der US-Strategie, für die die Zusammenarbeit zweier Gruppen nötig ist, die in einen Konfessionskrieg verstrickt sind.

Solange es nicht Beweise gibt, dass Abadi es mit der Bewaffnung einer sunnitischen Nationalgarde und dem Zügeln der Schiitenmilizen ernst meint, bin ich skeptisch, ob diese Strategie funktionieren wird. Aber ich stimme Jalal al-Gaood zu, Führer des Albu-Nimr-Stammes, der im Herbst von Extremisten überfallen wurde: Sogar nach solchen Katastrophen sagte er zu mir, "sind wir alle vom Rande des Abgrunds gerettet", wenn im Irak ein gerechtes Gleichgewicht gefunden wird.

Übersetzung: Redaktion