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Koalition gerettet, Patient tot

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Das muss man erst zusammenbringen: Nach der Nominierung von Margit Kraker zur Präsidentin des Rechnungshofes bleiben nur Verlierer auf dem Schlachtfeld übrig. Oder anders formuliert: Koalition gerettet, Patient tot.

Am übelsten zugerichtet steht die Idee des Parlamentarismus da. Dabei sollte die Wahl eine neue politische Kultur einläuten: Erstmals wurde ein öffentliches Hearing veranstaltet - und damit die Hoffnung geweckt, für einmal könnte tatsächlich der/die Bestqualifizierte den Job ergattern.

Geworden ist es dann nicht der Bestqualifizierte, der sozialdemokratische Leiter der RH-Budgetsektion Gerhard Steger, ja nicht einmal die vermutlich zweitbeste Kandidatin, die von der ÖVP aufgestellte Sektionschefin im Finanzministerium mit blauer Vergangenheit, Helga Berger, sondern die ebenfalls VP-nominierte Chefin des steirischen Landesrechnungshofes. Die SPÖ hat mit geballter Faust im Hosensack aus Koalitionsräson Kraker mitgetragen. Zuvor hatte sich der ÖVP-Klub einstimmig - und koalitionswidrig mit der FPÖ akkordiert - für Berger ausgesprochen.

Gezeigt hat sich schließlich auch, dass das ständige Pochen der Regierungsfraktionen auf mehr Mitspracherecht gegenüber der Regierung leeres Gerede ist. Kanzler Kern und Vize Mitterlehner wollten eigentlich, dass das Parlament die Frage in Eigenregie entscheidet, schließlich handelt es sich beim Rechnungshof um ein Hilfsorgan des Nationalrats. Dass die Deadline dafür am 30. Juni endet, war seit zwölf Jahren klar. Zeit genug, sollte man meinen.

Doch am Ende drohte ein Totalschaden, der womöglich sogar den Fortbestand der Koalition gefährdet hätte. Kern und Mitterlehner mussten eingreifen, um Schaden von sich selbst abzuwenden. Und die Abgeordneten stehen erst recht wie begossene Pudel an der Leine der Regierung da.

Es wird lange dauern, bis fähige Menschen - sei es von außerhalb oder innerhalb des politischen Betriebs - wieder den Beteuerungen der Politik glauben, allein ihre Qualifikation entscheide. Zu offensichtlich ist das Gegenteil der Fall.

Kurz zusammengefasst: ein umfassendes Managementversagen. Was den Bürgern bleibt, ist die Hoffnung, dass das Charisma des Amtes sich als stärker erweist und den Amtsträger prägt. Nicht umgekehrt. Für die Zukunft der Koalition lässt das Trauerspiel nichts Gutes erwarten. Die ÖVP hat ihre Lust auf neue Allianzen offen demonstriert, die SPÖ wird auf Revanche sinnen.