Zardari beharrt auf Musharraf-Nachfolge. | Richterstreit als weitere Bruchlinie. | Neu Delhi. Nur eine Woche nach dem Rücktritt von Präsident Pervez Musharraf ist die Regierung in Pakistan geplatzt. Nawaz Sharif, der Chef der PLM-N (Muslim-Liga-N) kündigte am Montag in Islamabad die Koalition mit der Pakistanischen Volkspartei (PPP) auf. Künftig will seine Partei auf der Oppositionsbank sitzen.
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Schon Stunden nach dem Rückzug des Ex-Generals von der politischen Bühne waren die Töne zwischen den Regierungspartnern schärfer geworden. PPP-Chef Asif Ali Zardari hatte sich gegen den Willen der PML-N als Kandidat für das Präsidentenamt küren lassen. Sharif beschuldigte Zardari daraufhin, er "wolle alle Schlüsselpositionen an sich reißen". Der PPP-Chef provozierte den Koalitionspartner noch weiter, als er der BBC sagte, "Abmachungen mit der PPP sind nicht heilig wie der Koran".
Auch eine Deadline, die Sharif der Partei setzte, um die von Musharraf unrechtmäßig entlassenen Richter wieder einzusetzen, stieß bei der PPP auf taube Ohren. Zardari wollte partout kein Datum nennen, wann die Juristen zurück in ihre Amt kommen. Der PPP-Führer sperrt sich gegen deren Wiedereinsetzung, denn sie könnten die Freiheit vor Strafverfolgung, die Musharraf ihm noch gewährt hat, zurücknehmen. Gegen Zardari waren zahlreiche Verfahren wegen Amtsmissbrauch anhängig. Sharif forderte hingegen stets auf die sofortige Einsetzung der Juristen.
Zardari, der Ehemann der ermordeten Politikerin Benazir Bhutto, nimmt nach dem Bruch der Regierung nun Kurs darauf, Nachfolger von Musharraf werden. Als Präsident würde er über die Macht verfügen, Parlament und Regierung zu entlassen. Die PPP hat die meisten Sitze im Unterhaus in Islamabad, zudem wollen zwei kleine Parteien ihn mitwählen.
Das Staatsoberhaupt wird allerdings mit den Stimmen von Oberhaus, Unterhaus und den vier Provinzparlamenten gewählt. Es ist offen, ob Zardari bei der Wahl am 6. September die nötigen Stimmen erhalten wird. Die PML-N bringt einen Gegenkandidaten, der im Gegensatz zu Zardari ein ausgesprochener Musharraf-Gegner und Freund der geschassten Richter ist: Saeeduzzaman Siddiqui. Der frühere Oberster Richter weigerte sich, nach dem Militärcoup von Musharraf 1999 den Eid auf die neue, provisorische Verfassung abzulegen und musste darauf zurücktreten.
USA für Zardari
Mit soviel moralischer Größe kann Zardari kaum aufwarten. Er ist selbst in seiner eigenen Partei nicht unumstritten. "Gott schütze Pakistan", kommentierte eine Zeitungen die Aussicht, ihn als Staatsoberhaupt zu sehen. Von seiner Frau hat Zardari zwar die Partei, doch nicht das Charisma geerbt. Sharif ist bei der Bevölkerung ungleich populärer. Die USA, der wichtigste Verbündete des Landes, tendieren jedoch zu Zardari. Dieser versucht sich mit seinem Vorstoß, in Pakistan nun endlich die Taliban als politische Organisation zu verbieten, in Washington beliebt machen. Sharif hingegen äußert sich stets vage, wenn es um den Kampf gegen Taliban und Al-Qaida im eigenen Land geht. Das verschafft ihm zu Hause Ansehen, doch es gefällt Washington nicht.
Die linke PPP und die rechte PML-N waren politische Rivalen, bevor sie sich nach der Wahl im Februar gegen Musharraf in der Regierung zusammenschlossen. Viel länger als Musharraf hat sich das Konstrukt nicht gehalten.