Im Ministerrat soll das weitere Vorgehen bei Reformen in der Justiz und für die Korruptionsjäger festgelegt werden. An Details scheiden sich aber die Geister.
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Nach dem Schwenk der ÖVP, die sich seit der Vorwoche nun auch mit der Einführung eines Bundesstaatsanwalts anfreunden kann, geht es jetzt Schlag auf Schlag. Vor der traditionellen Mittwoch-Sitzung des Ministerrats verhandelten die türkis-grünen Regierungsparteien über das Vorhaben. Die Regierung möchte zumindest festlegen, wie die weitere Vorgangsweise für einen Beschluss vor dem Sommer aussieht, war aus Koalitionskreisen am Dienstag zu erfahren. Zuvor hatte Vizekanzler Werner Kogler als Interims-Justizminister Eckpunkte für die Einsetzung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts vorgelegt, zugleich waren Pläne der ÖVP über einen umfassenden Umbau der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) durchgesickert. Im Detail mit viel Konfliktpotenzial.
Dabei gehen nach Dauerangriffen der ÖVP auf die Korruptionsjäger, die ihnen "Schlampereien" vorgehalten hat, ohnehin seit knapp zwei Wochen koalitionsintern die Wogen hoch. Auch wenn sich ÖVP und Grüne mittlerweile über die Einführung eines Bundesstaatsanwalts einig sind, wartet bis zur gesetzlichen Umsetzung noch so manche Hürde. Ein wesentlicher Unterschied besteht bereits beim Reformumfang. Für die Grünen steht die Einsetzung eines weisungsungebundenen Bundesstaatsanwalts im Zentrum. Die ÖVP denkt an weitreichendere Pläne, in denen auch ein Umbau der WKStA vorgesehen ist. Entsprechende Ideen sind einem Papier, das via "Kurier" durchgesickert ist, angeführt. Während man im Bundeskanzleramt das weder bestätigen noch dementieren wollte, kommt das für die Grünen einer erneuten Kampfansage gleich. Interims-Justizminister Kogler ließ am Dienstag wissen, dass derartige Reformpläne "nicht zur Diskussion" stünden.
Für den ehemaligen Chef der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der in den 1980er Jahren im ersten grünen Parlamentsklub aktiv war, würden die ÖVP-Bestrebungen auf eine "Schwächung" der WKStA hinauslaufen, wie er im Ö1-"Mittagsjournal" sagte. Sein Hauptargument für die Ablehnung, weil damit die Ermittlungen in den häufig besonders langwierigen und umfangreichen Wirtschaftsverfahren erschwert werde.
Die ÖVP-Überlegungen sehen eine stärkere Aufsplitterung spezieller Staatsanwaltschaften für Korruption, Wirtschaftsverfahren und Cyber-Kriminalität, die oft in den Wirtschaftsbereich hineinspielt, in allen vier Oberlandesgerichtssprengeln Wien, Graz, Linz und Innsbruck vor. Diesen wären jeweils Oberstaatsanwaltschaften übergeordnet, darüber steht dann der Bundesstaatsanwalt statt bisher der Minister. Justizexperten befürchten ähnlich wie Geyer, dass für vier Standort die Personalressourcen für die Wirtschafts- und Korruptionsjäger fehlen werden. Die Pläne der Grünen zielten schon bisher in eine andere Richtung. Die noch in Karenz befindliche Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat auf eine zentrale Stärkung der Korruptionsstaatsanwaltschaft mit mehr Personal gesetzt.
Grüne wollen keine"politischen Akteure"
Differenzen zeigten sich in der Koalition auch bezüglich der Bestellung und einer möglichen Absetzung des künftigen Bundesstaatsanwalts, dahinter steckt der Kampf darum, wie weit dieser tatsächlich unabhängig von der Politik arbeiten kann. Koglers Plan sieht vor, dass Bestellung eine maximale Objektivität gewährleisten soll. Damit lässt er sich Spielraum.
Das ist, so wird koalitionsintern betont, allein deswegen notwendig, weil es sich um eine Verfassungsänderung handelt, für die entweder die Zustimmung der SPÖ oder der FPÖ notwendig ist. Eindeutig stellt der Interims-Justizminister klar, dass "politische Akteure" für die Funktion des Bundesstaatsanwalts ausgeschlossen werden sollen. Daher müssten diese Erfahrung als Richter oder Staatsanwälte haben. Damit greift er Forderungen der Vereinigungen der Richter und Staatsanwälte auf, deren Spitzenvertreter Kogler am Montag getroffen hat - auch um sich demonstrativ hinter sie zu stellen. Um politisch möglichst unabhängig zu sein, soll es wie beim Amt des Rechnungshofpräsidenten, der für zwölf Jahre gewählt wird, keine Wiederbestellung geben. Eine Abwahl ist nur durch eine gerichtliche Entscheidung vorgesehen.
ÖVP für Wahl mit zweiDrittel im Parlament
Auch daran scheiden sich die Geister. Denn Kanzleramts- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) pocht auf eine Einbindung des Parlaments jedenfalls bei der Bestellung. Die Wahl des Bundesstaatsanwalts solle demnach mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erfolgen, womit die ÖVP eine breite Willensbildung gesichert sieht. Für eine Abberufung wäre demnach ebenfalls eine Zweitdrittelmehrheit notwendig. Die ÖVP verknüpft die Einführung vor allem mit Änderungen im Strafrecht, bei der die Richter eine wichtigere Rolle als bisher einnehmen würden. Damit würde gleichzeitig die Macht der Staatsanwälte begrenzt.