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Koalitionskrach in Pakistan vertagt

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Neuer Präsident soll am 6. September gewählt werden. | Neu Delhi. Der Streit der Regierung um die Richter ist vertagt, doch eine neue Machtprobe steht in Islamabad schon an. Wer soll der nächste Präsident werden?


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Das Ultimatum ist erstmal vom Tisch, doch schon kommt für die wackelige Regierung in Islamabad der nächste Test. Nawaz Sharif, der Chef der Muslim-Liga-N, wollte die Koalition eigentlich am Freitag platzen lassen, wenn sein Partner, die Pakistanische Volkspartei (PPP) nicht die Richter, die Musharraf unrechtmäßig entlassen hatte, wieder einsetzt. Nun gab Sharif ihr noch einmal bis nächsten Mittwoch Zeit. Seine Partei wolle die Regierungskoalition nicht scheitern lassen, sagte er.

Seit am letzten Montag der Erzfeind der beiden Parteien, Ex-General Pervez Musharraf, das Feld geräumt hat, ist der Ton in der Koalition rau geworden. Die Karten im politischen Spiel werden nun neu gemischt.

Die PPP ist stärkste Partei im Unterhaus des Parlaments. Sie will vermutlich ihren Chef, Asif Ali Zardai, für das Amt des Präsidenten vorschlagen. Das neue Staatsoberhaupt soll am 6. September gewählt werden - mit den Stimmen der beiden Kammern des Parlaments und den vier Provinzvertretungen. Zardari ist allerdings selbst bei seiner eigenen Partei nicht unumstritten. Ihm hängt der Ruf an, im großen Stil Schmiergelder für die Vermittlung von Regierungsaufträgen eingesteckt zu haben, als seine Frau, Benazir Bhutto, Premierministerin von Pakistan war.

Traditionell ist der Präsidentenposten in Pakistan mit erheblichen Befugnissen ausgestattet. Das Staatsoberhaupt darf das Parlament auflösen und die Regierung entlassen. Kein Wunder, dass Sharif, wie er sagt, eher einen Konsenskandidaten als den PPP-Chef selbst in diesem Amt sehen will. Zardari hingegen könnte das Amt erhebliche Vorteile bringen. Auf einen Schlag müsste er keine Richter mehr fürchten, weil er dann Immunität genießen würde. Musharraf hatte Zardari, gegen den zahlreiche Anklagen wegen Korruption und Amtsmissbrauch anhängig waren, Freiheit vor Strafverfolgung gewährt. Zardari muss fürchten, dass die alten Richter diese Entscheidung kippen, wenn sie wieder ins Amt kommen. Daher spielt er in der Richterfrage auf Zeit.

Während die Koalition weiter über Richterschaft und Präsidentenamt streitet, verschlechtert sich die Sicherheitslage im Land immer weiter. Am Donnerstag kamen bei einem Selbstmordsanschlag an Eingang einer Rüstungsfabrik bei Islamabad mindestens 70 Menschen ums Leben.

Pakistans Taliban bekannten sich zu der Bluttat. Am Freitag wurden in Peshawar zwei Menschen getötet, als Unbekannte eine Rakete auf eine Polizeistation abfeuerten. Gleichzeitig kommt es in Kaschmir an der Grenzen zwischen Indien und Pakistan immer häufiger zu Waffenstillstandsverletzungen.