Brüssel - Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 hat der illegale Drogenhandel in Europa kontinuierlich zugenommen. Besorgnis erregend ist für die Anti-Drogenbehörde der EU, EMCDDA, vor allem die steigende Zahl von Teenagern, die in den Kandidatenländern zu Suchtmitteln greifen. Das Geschäft mit den "klassischen" Substanzen wie Heroin und Kokain boomt jedenfalls in den ehemaligen sowjetischen Satellitenstaaten. Befürchtet wird, dass die EU-Erweiterung 2004 den Drogenmarkt weiter integrieren könnte.
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Internationalen Drogenhändlern eröffnete sich in den "Reformländern" ab 1989 ein weites Betätigungsfeld. Denn aufgrund des bis dahin vorherrschenden wirtschaftliche und politischen Systems konnte die Nachfrage nach Rauschmitteln nur ungenügend befriedigt werden. Klassische Drogen wie Opium, Heroin und Kokain und Cannabis waren Mangelware, da für die meisten unerschwinglich. Hauptsächlich wurden deshalb Klebstoffe geschnüffelt oder Medikamente in Kombination mit Alkohol eingenommen. Unter diesen Vorzeichen war der Drogenkonsum auch nur in eher geringem Maße mit Beschaffungskriminalität verknüpft.
Labors werden verlegt
Das hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Mit der Wende und den damit verbundenen höheren Einkommen hielten die "klassischen" Drogen Einzug. Nach Ansicht von Hubert Pirker, dem Sicherheitssprecher der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament (EVP), gibt es die Tendenz, dass Drogen vor allem aus dem EU-Exportland Nummer eins, der Niederlande, verstärkt in die Kandidatenländer gelangen. Weil Drogenschmuggler aus Sicherheitsgründen ihre Transportwege möglichst kurz halten wollen, werden die Labors zur Herstellung etwa synthetischer Suchtgifte zunehmend in den Osten verlagert. Der umgekehrte Fall, dass synthetische Drogen aus den Kandidatenländern in die EU geschmuggelt werden, sei bisher kaum beobachtet worden, so Pirker gegenüber der "Wiener Zeitung".
Sicher ist jedenfalls, dass die Zahl der Drogenkonsumenten in den Kandidatenländern kontinuierlich ansteigt. Die Daten der EU-Drogenbehörde sprechen davon, dass sich die Zahl der "Juckies" im alter von 15 und 16 zwischen 1995 und 1999 verdoppelt hat. Im "alten Europa" liegt das "Einstiegsalter", also der Zeitpunkt, an dem ein Jugendlicher das erste Mal mit Drogen in Kontakt kommt, bereits höher als in den Kandidatenländern.
Gemeinsame Bekämpfung
Die Schwierigkeit bei der gemeinsamen Bekämpfung des Drogenproblems: In den Kandidatenländern fehlt es vielfach an Geld, um über konventionelle strafrechtliche Maßnahmen hinaus auch bei Prävention und Therapie aktiv zu werden. Die EU-15 werden daher im Bericht dringend aufgefordert, die Regierungen der neuen Mitgliedsländer wirksam in deren Kampf gegen illegale Drogen zu unterstützen. Erste Ansätze zu einer solchen Kooperation auf Europol-Ebene existieren bereits.
Daneben muss die EU aber auch vor der "eignen Türe kehren". Besonders negativ wirke sich aus, so Pirker, dass es innerhalb der Union keine einheitliche Drogengesetzgebung gebe. Paradebeispiel seien die Niederlande, deren liberale Haltung im Bezug auf Cannabis den Drogen-Export begünstige. Das EU-Parlament übe bereits Druck auf Den Haag aus, das Drogenproblem restriktiver zu handhaben.