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Kollateralschäden in der Euro-Debatte - auch Belgien und Italien am Pranger

Von Stefan Melichar

Analysen

Diesmal sind es nicht nur die viel gescholtenen Ratingagenturen, die unmittelbar vor einem EU-Krisentreffen zur Bewältigung der griechischen Schuldenkrise Aufregung verursachen. Auch Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker - seines Zeichens immerhin Eurogruppen-Chef - sorgt nun für Stirnrunzeln.


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Seit Monaten bemüht sich die Politik, die Krise um mögliche Staatspleiten in der Eurozone kleinzureden. Griechenland, Portugal und Irland benötigen zwar viele Milliarden Euro an Hilfskrediten, die Probleme seien jedoch - dank der geringen volkswirtschaftlichen Bedeutung der betroffenen Länder - überschaubar, so die Argumentation. Nun, da sich nicht mehr leugnen lässt, dass sich Griechenland dennoch zum Fass ohne Boden entwickelt, und eine rasche Lösung her muss, prallen jedoch die Ideologien aneinander.

Jene die den größten Teil der finanziellen Mittel aufbringen müssen - also vor allem die Deutschen -, fordern, dass sich auch private Gläubiger Griechenlands an der Hilfe beteiligen. Jene, die seit Jahr und Tag auf eine stärkere Integration der Europäischen Union drängen, wollen hingegen, dass die Gemeinschaft diese Krise alleine bewältigt - und dabei stärker zusammenwächst.

Zu zweiterer Gruppe zählt auch Juncker, der bereits vor Monaten überhaupt für eine gemeinsame Finanzierung sämtlicher EU-Staaten eingetreten ist - Stichwort "Eurobonds". Juncker trifft einen wichtigen Punkt, wenn er den Deutschen vorwirft, mit ihrem Wunsch nach Privatbeteiligung an weiteren Griechen-Hilfen "mit dem Feuer zu spielen". Tatsächlich ist es ein schmaler Grat, eine Umschuldung derart als "freiwillig" getarnt vorzunehmen, dass das Resultat nicht eine offizielle Staatspleite Griechenlands ist - mit allen dramatischen Folgen.

Nun hat der luxemburgische Premier jedoch selbst den Pfad der Vorsicht verlassen: In der "Süddeutschen Zeitung" warnt er davor, dass die Pläne Deutschlands in letzter Konsequenz nicht nur die unmittelbaren Sorgenkinder Portugal und Irland anstecken könnte, sondern auch Belgien und Italien - und zwar "noch vor Spanien". Belgien kam wegen seiner vergleichsweise hohen Staatsverschuldung von rund 100 Prozent der Wirtschaftsleistung bereits vor einigen Monaten kurz ins Gerede. Spanien wiederum galt lange als möglicher Wackelkandidat, sollte Portugal um Finanzhilfe von EU, Eurozone und Internationalem Währungsfonds ansuchen müssen. Bis jetzt haben sich diese Befürchtungen nicht bestätigt. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle warnte am Samstag davor, "ein Land nach dem anderen ins Gerede zu bringen". "Das Vertrauen der Märkte wächst nicht, wenn wichtige europäische Persönlichkeiten Zweifel an der Kreditwürdigkeit säen." Das gilt sicherlich auch in Bezug auf Italien, das ohnehin gerade von einer der - eingangs erwähnten - Ratingagenturen einen Schuss vor den Bug erhalten hat.

Juncker warnt vor Übergreifen der Eurokrise auf Belgien und Italien