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Köln 2017, Lehren aus 2016

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Es ist nur ein schwacher Grund für Erleichterung, dass die Feiern zum Jahreswechsel in Wien, in Paris und in Nizza, in Berlin und in Köln oder in Brüssel friedlich verliefen. Wahrscheinlich war es einfach nur Glück, wie das Massaker auf eine Silvesterparty in Istanbul gezeigt hat, zu dem sich nun die islamistischen Terroristen des IS bekannt haben; und vielleicht tragen ja auch die auf Hochtouren laufenden Gegenmaßnahmen von Polizei und Nachrichtendiensten bereits ein klein wenig zu mehr Sicherheit bei. Aber primär war es Glück.

Lange hielt die Erleichterung ohnehin nicht an. Jedenfalls nicht in Deutschland.

Seit Neujahr widmet sich unser Nachbarland mit Leidenschaft der Debatte darüber, ob die Verwendung der Kurzbezeichnung "Nafris" für Nordafrikaner in einem Tweet der Kölner Polizei nun nur eine neutrale Bezeichnung für eine objektive Problemlage ist (das Gros der Täter, die vor Jahresfrist Frauen sexuell bedrängten, stammte aus diesem Kulturkreis), ein Fehler, wie er in der Hektik passieren kann, oder doch vielleicht genau jener Stoff ist, aus dem der alltägliche Rassismus in unseren Breiten gestrickt ist, wie die deutschen Grünen sofort mutmaßten. Es geht um den Vorwurf, dass die Polizei gezielt gegen Personen aufgrund deren fremdländischen Aussehens vorgegangen sein soll.

Wenn es ein wirklich beunruhigendes Omen gibt, dass sich das unglückselige Jahr 2016 nahtlos fortsetzt, dann ist es exakt diese Diskussion. Denn die gute und tatsächlich relevante Nachricht, dass ansonsten alles friedlich blieb, war am Montag schon wieder vergessen. Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.

Dabei versuchten die Behörden, den vorhersehbaren Geist der Empörung schnell wieder in die Flasche zurückzukriegen. Die Verwendung des Begriffs wurde umgehend als Fehler bezeichnet und gleichzeitig der Vorwurf rassistischen Vorgehens, wie er von einer der Chefin der deutschen Grünen erhoben wurde, entschieden zurückgewiesen. Es ist naheliegend, dass, wenn fast alle Verdächtigen eines Delikts aus demselben Kulturkreis stammen, die Polizei auf solche Personen ein besonderes Auge wirft.

Es gibt offensichtlichen und unterschwelligen Rassismus, aber der sieht anders aus. Und noch mehr trifft das für eine sinnvolle Diskussion über einen solchen Rassismus zu. Das wenigstens sollten wir aus 2016 gelernt haben.