Bogota - Nach Jahren ergebnisloser Friedensgespräche versinkt Kolumbien immer tiefer im Sumpf der Gewalt. Und es könnte bald noch viel schlimmer kommen. Nicht nur in Kolumbien wachsen die Zweifel an den Friedensbemühungen von Präsident Andres Pastrana. Auch der mächtige Nachbar USA, dem es vor allem um die Drogenbekämpfung geht, wird langsam ungeduldig. Die Streitkräfte proben unterdessen im Südosten des Landes mit 6.000 Elitesoldaten den Frontalangriff.
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Sowohl die Militärs wie auch die Rebellen rüsten nach Kräften auf und dazwischen verbreiten rechte Paramilitärs Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung.
Pastrana, der 1998 mit den Zielen Frieden und Wohlstand angetreten war, steht vor einem Scherbenhaufen. Einer Umfrage zufolge sind 70 Prozent aller Kolumbianer mit seiner Amtsführung unzufrieden. Dem Chef der Liberalen kann´s egal sein: bei der Präsidentenwahl im Mai 2002 darf er ohnehin nicht wieder antreten. Die Verfassung verbietet eine zweite Amtszeit.
Hunderte unbeteiligter Zivilisten sind seit Jahresbeginn bei Massakern linker Rebellen und rechter Paramilitärs getötet worden. Auch die Toten in den Reihen der Militärs und der Rebellen gehen in die Hunderte. Durchschnittlich werden pro Tag zehn Menschen entführt. Das ist mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Die USA haben unüberhörbar deutlich gemacht, dass es nicht wie bisher weitergehen könne.
Der Kolumbien-Sondergesandte von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der Norweger Jan Egeland, trat erst am Mittwoch mit einer Aufsehen erregenden Warnung an die Öffentlichkeit. Wenn die Konfliktparteien die Chance zum Frieden verstreichen ließen, drohe dem Land der "totale Krieg". Die Konfliktparteien müssten endlich Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung einstellen und "eine neue Anstrengung für Verhandlungen" unternehmen. Nur so könne der Gewalt ein Ende gesetzt werden, warnte Egeland. Doch kaum war die Warnung ausgesprochen, hatten beide Seiten die für diesem Tag vorgesehene Wiederaufnahme der Friedensgespräche erneut auf unbestimmte Zeit erneut verschoben.
Nach Friedensgesprächen steht keiner Seite der Sinn
Nach Gesprächen scheint weder dem Militär noch den bewaffneten Gruppen von Links und Rechts der Sinn zu stehen. Die Streitkräfte, die seit Pastranas Amtsantritt auch mit direkter US-Hilfe im Rahmen des "Plan Colombia" mit 1,3 Mrd. Dollar (1,4 Mrd. Euro/19,5 Mrd. Schilling) aufgerüstet wurden, sprechen eine unmissverständliche Sprache. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, lautet die Botschaft der Generäle. Kolumbien müsse sich für die kommenden zwei bis drei Jahre auf eine Verschärfung des Konflikts gefasst machen, kündigte der Kommandant der Streitkräfte, General Fernando Tapias, an. "Leider könnte es so kommen. Der Konflikt wird sehr intensiv", sagte er der Zeitschrift "Semana". Erst danach sei Frieden möglich. Der Krieg kann gewonnen werden, versprach Tapias.
Die "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) haben sich bisher einem Waffenstillstand verweigert. Die Regierung hat ihnen zwar eine autonome Zone in der Größe der Schweiz überlassen, doch der Chef der 16.000 Mann starken Guerillatruppe, Manuel Mirulanda, fordert mehr: nämlich eine Entflechtung von Armee und rechten Paramilitärs. Letztere sind für rund drei Viertel der Morde an Zivilisten verantwortlich und finanzieren sich, ebenso wie die Guerilleros. weitgehend durch Drogenhandel und Schutzgelder. Der Augenblick der Wahrheit könnte für Pastrana am 7. Oktober kommen. Dann steht die Verlängerung der Genehmigung für die Rebellen-Zone an. Sollte er die Wiederbesetzung des Gebiets befehlen, wäre das ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit das sichere Aus für seine Friedensbemühungen.