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Kolumbien wählt den Frieden

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Politik
Frieden will Juan Manuel Santos Kolumbien bringen. Er erhielt am Sonntag 50,9 Prozent.
© reu/Gomez

Juan Manuel Santos, der neue alte Präsident, will eine Aussöhnung mit der Farc-Guerilla.


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Bogota. Die historische Wahlnacht am Sonntag endete mit einem umjubelten Versprechen: "Das ist das Ende von mehr als 50 Jahren Krieg im Land und der Anfang eines Kolumbien mit mehr Freiheit und sozialer Gerechtigkeit, im Frieden können wir beides erreichen", rief Wahlsieger Juan Manuel Santos seinen Anhängern zu. Die nahmen den Ball auf: "Farc, Farc, Kolumbien möchte Frieden", sangen die glücklichen Sieger.

Dem Amtsinhaber ist damit bei der Präsidentenstichwahl ein beeindruckendes politisches Kunststück gelungen: Santos, der vor vier Jahren als Wunschkandidat seines Vorgängers und rechtskonservativen Hardliners Alvaro Uribe die Wahl gewann, hat fast seine gesamte Wählerklientel ausgetauscht. Während die konservative Rechte bei diesem Wahlgang den Kandidaten aus dem inzwischen mit Santos verfeindeten Uribe-Lager, Oscar Ivan Zuluaga, wählte, riefen linke und liberale Parteien zur Wahl Santos auf. Der hatte seine vor über einem Jahr begonnenen und weltweit beachteten Friedensgespräche mit der Guerilla-Organisation Farc zum Wahlkampfthema gemacht und war im ersten Durchgang überraschend Zuluaga unterlegen. Zwischen Santos und Zuluaga und entbrannte darauf ein erbitterter Kampf um die politische Richtung des Landes. Das Lager Uribe/Zuluaga steht für eine militärische Lösung des Konfliktes, Santos will eine Verhandlungslösung.

Weil keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichte, war die Stichwahl notwendig geworden. Mit einer breiten Unterstützung aus der Zivilgesellschaft, der katholischen Kirche, Gewerkschaften und Unternehmern gelang es Santos nun, seine Landsleute davon zu überzeugen, dass der Frieden mit der Farc die überzeugendere Zukunftsperspektive für das südamerikanische Land ist. Zuluaga hatte die Friedensgespräche, die zwar zähflüssig verliefen, aber bereits zahlreiche bemerkenswerte Ergebnisse in den Fragen einer Landreform, der Drogenbekämpfung und der politischen Integration der Farc brachten, zuletzt immer wieder heftig kritisiert.

Den Ausschlag für den Wahlsieg des Amtsinhabers, der 50,95 Prozent der Stimmen bekam, gab offenbar eine historische Vereinbarung wenige Tage vor dem Urnengang. Erstmals räumte die Farc-Führung dabei öffentlich ihren Teil der Verantwortung am jahrzehntelangen grausamen Drogenkrieg ein und versprach öffentlich, keine Straffreiheit für ihre Taten aushandeln lassen zu wollen. Die Rechte der Opfer müssten gewährleistet werden, stellten Regierung und Rebellen klar. Für viele Kolumbianer der entscheidende Durchbruch, denn vor allem Farc-Opfer fühlten sich von der bisherigen Haltung der Guerilla verhöhnt.