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Da hatten sich die neun Filmschaffenden der Wettbewerbsjury in Venedig bis vergangenen Samstag immerhin auf die zwei ihrer Meinung nach stärksten Kandidaten für den Goldenen Löwen geeinigt, und dann das: Es stand Paul Thomas Andersons "The Master" gegen Kim Ki-duks "Pietà", aber der Grund, warum Letzterer schließlich den Hauptpreis bekam, war - laut Jury-Präsident Michael Mann -, dass er weniger zu bieten hatte. Gemeint ist damit die Tatsache, dass man für "The Master" sowohl den Goldenen Löwen als auch den Schauspielpreis (hier ist eine Teilung möglich) an Philipp Seymour Hoffman und Joaquin Phoenix vergeben wollte, dies aber so nicht durfte. Denn die Vergabe-Regelung in Venedig sieht vor, dass jener Film, der den Goldenen Löwen erhält, keinen weiteren Preis bekommen darf. Der Ausweg war die Auszeichnung für Anderson als bester Regisseur. Damit heimste "The Master" also in Wahrheit drei Preise ein.
Der Aufruhr um die Auszeichnungen in Venedig liegt vor allem auch darin begründet, dass die Preise gerade am Beginn der Hollywood-Preis-Saison vergeben und damit gern als Oscar-Indikatoren promotet werden.
Unwahrscheinlich, dass "Pietà" je den Weg nach Los Angeles finden wird, aber ganz sicher hat dieses Jahr in Venedig ein Film gewonnen, der es verdient - und zwar in einem Wettbewerb, der das halbe Dutzend seiner besten Filme in Fülle und Arrangement seiner Vorzüge so dicht reihte, dass die Urteilskraft der Jury gefordert und Kompromiss-Entscheidungen "sehr schwierig" waren, sagt Mann. "Fast hätten wir geflucht." Das sei in diesem Fall gesegnet.