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Kommission muß Regierung werden

Von Peter Bochskanl

Europaarchiv

Die neue Kommission der Europäischen Union muß eine richtige Regierung mit klarer politischer Verantwortung werden, forderte einer der prominentesten Abgeordneten und frühere Präsident des | Europäischen Parlaments (EP), Klaus Hänsch, Dienstag am Vorabend des Berliner Gipfels in einem Gespräch mit österreichischen Journalisten.


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Der Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl wertet den vom Europäischen Parlament erzwungenen Rücktritt der Kommission als große Chance für die Erneuerung der EU. Erstmals in ihrer Geschichte

habe nämlich ein Brüsseler Gremium Verantwortung für Fehler übernommen und damit die politische Kultur in Brüssel verändert.

Um die Verantwortung der neuen Kommission klarzustellen, plädiert Hänsch für die Einführung des Ressortprinzips: Jeder Kommissar soll auf seinen Bereich zugeschnittene Generaldirektionen führen

können, auf die er nicht nur politischen, sondern auch administrativen Durchgriff hat: "Der jeweilige Kommissar soll nicht mehr Hut, sondern Kopf der Verwaltung sein," bringt es der Parlamentarier

auf den Punkt. Das bedeutet aber, daß "die Generaldirektoren nicht mehr zur politischen Verfügungsmasse der Mitgliedsstaaten gehören" können, weil dann die Kommission die Personalhoheit habe.

Damit werde auch auf die berechtigte Kritik der Bürger an der Intransparenz der EU reagiert, denn derzeit kann kein normaler Bürger erkennen, wer in Brüssel was, wann und mit welcher Legitimation

entscheidet. Hänsch trat auch für eine stärkere Personalisierung der europäischen Politik ein und meinte am Beispiel des oder der in Diskussion stehenden Mr. oder Mrs. GASP (Gemeinsame Außen- und

Sicherheitspolitik), diese müsse ebensoviel öffentliches Gewicht haben wie etwa der NATO-Generalsekretär.

Zur Bestellung der neuen Kommission schwebt Hänsch als Ideallösung vor, daß der Berliner oder ein kurz darauffolgender Sondergipfel einen Kandidaten für den Präsidenten nominiert, dieser im April vom

Parlament abgestimmt wird, so daß die neue Kommission nach ihrer Prüfung im Europäischen Parlament im Mai eingesetzt werden und zu arbeiten beginnen kann.

Diese Kommission sollte im politischen Konsens ernannt werden, so daß sie sich nur einem verkürzten Verfahren im Parlament für ihre auf Grund des Vertrages notwendige Bestellung für die ab 7. Jänner

2000 laufende volle Periode unterziehen muß.