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Kommission war "Akt der Befreiung"

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Die Arbeit der Historikerkommission, die in 49 Bänden dokumentiert ist, war ein "Akt der Befreiung", betonte die Publizistin Barbara Coudenhove-Kalergi Dienstagabend bei der Präsentation der vollständigen Edition in der Hauptbücherei Wien. Bundespräsident Heinz Fischer sprach von einer gewissenhaften und wichtigen Arbeit, die die Historikerkommission geleistet hat. Sie habe viel zur Findung der Wahrheit beigetragen.


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Fischer, der in seiner damaligen Funktion als Nationalratspräsident 1998 gemeinsam mit dem damaligen zweiten Nationalratspräsidenten Heinrich Neisser zu den Auftraggebern der Historikerkommission zählte, skizzierte die nicht immer einfache Vorgeschichte zum Zustandekommen dieser Kommission, deren Arbeit jetzt in 17.000 Seiten umfassenden 49 Büchern vorliegt. Es war das größte geisteswissenschaftliche Forschungsprojekt der Zweiten Republik, betonte Fischer. Schon die ersten Teilergebnisse haben zu Konsequenzen geführt - etwa in der Frage der Zwangsarbeiterentschädigung. Hier ist an der Ermittlung der Wahrheit gearbeitet worden, das heißt aber noch nicht die Schaffung von Gerechtigkeit. Über die Ermittlung der Wahrheit hinaus gebe es noch vieles zu tun, mahnte der Bundespräsident.

Auch der Herausgeber des umfangreichen wissenschaftlichen Werks, Thomas Cornides vom Oldenbourg Verlag, unterstrich, dass es noch weiße Flecken gebe, die Landkarte aber sei da. Und es werde an einem 50. Band gearbeitet, dem Register.

Barbara Coudenhove-Kalergi, die von einem "Akt der Befreiung" sprach, der durch die Historikerkommission gesetzt wurde, meinte, man habe zwar immer geahnt, dass den Juden in Österreich viel weggenommen wurde, jetzt liege es aber schwarz auf weiß vor. Viel Vertuschtes ist ans Tageslicht gekommen. Lange Zeit habe man die Judenverfolgung mit Auschwitz, Gaskammern und Leichenbergen identifiziert, etwas, das weit weg war. Die Beraubung der Juden aber, die durch die Historikerkommission erforscht wurde, war uns sehr nah und viele Österreicher und Wiener waren eifrig daran beteiligt. Sie verwies darauf, dass auch sie erst vor einiger Zeit erfahren habe, dass ihre heutige Wohnung einst jüdische Mieter hatte und sie erinnerte an die Suche nach einer Amtsvilla für den früheren Bundespräsidenten Thomas Klestil, die zweimal daran gescheitert ist, dass es sich um arisierte Objekte handelte.

Der Vorsitzende der Kommission, Verwaltungsgerichtshof-Präsident Clemens Jabloner forderte eine rasche Umsetzung des Washingtoner Abkommens über die Entschädigung der Arisierungs-Opfer. Die Zeit sei noch zu kurz, um die intellektuelle Wirksamkeit der Kommissions-Arbeit festzustellen, er hoffe aber, dass die Kommission selbst ein Anstoß dafür war, die Mentalität weiter zu ändern.