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Kommission will eigene EU-Steuer

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Eurobonds sollen Geld für Großprojekte liefern. | Neue Ziele für die EU-Agrarpolitik. | Brüssel. Es war der offizielle Startschuss für die Verhandlungen über das nächste EU-Rahmenbudget für die Zeit nach 2013. Kampfeslustig präsentierte Haushaltskommissar Janusz Lewandowski gestern, Dienstag, sein Strategiepapier für die Zukunft der Einnahmen und Ausgaben der Union. Darin lässt er keine Tabus aus. Fordert dezidiert eine eigene Einnahmequelle für die EU, schlägt Eurobonds zur Finanzierung gemeinsamer EU-Projekte außerhalb des Budgets vor und spielt mit dem Gedanken, in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU keinen Stein auf dem anderen zu lassen.


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So haben alle diese Ideen ihre Anhänger aber vor allem auch erbitterten Gegner. So ist es zu Zeiten der klammen Staatshaushalte eine plausible Idee, die Nettozahler durch eine Gemeinschaftsabgabe zu entlasten. Schließlich stehen mit den Budgetverhandlungen die härtesten Auseinandersetzungen unter den EU-Ländern bevor, die vorstellbar sind. Die Idee einer eigenen EU-Steuer ist bei den größten Mitgliedsländern Deutschland, Frankreich und England bisher auf strikte Ablehnung gestoßen. Deutschland wehrt sich auch mit Händen und Füßen gegen Eurobonds, zumindest wenn sie so heißen, und nicht nur für die Franzosen ist die GAP eine heilige Kuh.

Geld aus dem Finanzsektor

Davon lässt sich Lewandowski nicht entmutigen. Schon seit Anfang August rührt er die Werbetrommel für sein Projekt. Konkret kann sich die Kommission eine Besteuerung des Finanzsektors zu Gunsten des Gemeinschaftshaushalts vorstellen. Dafür hat sich Steuerkommissar Algirdas Semeta erst unlängst für die eine Finanzaktivitätssteuer ausgesprochen, die pro Jahr um die 25 Milliarden Euro bringen könnte. Diese Abgabe setzt anders als die von Österreich propagierte Finanztransaktionssteuer nicht bei den Umsätzen der Wertpapierhändler sondern bei den Gewinnen der Unternehmen und den Boni der Investmentbanker an. Der Anteil am derzeitigen Jahresbudget von gut 122 Milliarden Euro hielte sich freilich in Grenzen. Er würde den Anteil von 76 Prozent Budgets, der rein aus den Haushalten der Mitgliedsländer fließt, zwar reduzieren. Doch würde er noch um jene 11 Prozent reduziert, die derzeit aus den Mehrwertsteuereinnahmen der Mitgliedsländer abgeschöpft werden. Denn diese Praxis könnte laut Lewandowskis Papier abgeschafft werden - oder ausgebaut, wie ein konkurrierender Vorschlag auf der Liste der künftigen Einnahmequellen lautet. Der Vorteil daran: Man kann bereits auf einen eingespielten Mechanismus zurückgreifen.

Andere mögliche EU-Einkommen könnten aus der Versteigerung der Verschmutzungsrechte im Europäischen Emissionshandelssystem bezogen werden, aus einer Steuer auf den Flugverkehr wie Kerosinabgaben oder Start- und Landegebühren. Anteile an der Besteuerung von Energie finden sich ebenso auf der Wunschliste des polnischen Kommissars wie eine Abschöpfung von der Körperschaftssteuer, wofür sich der ÖGB bei der Konsultation über die Zukunft des EU-Haushalts ausgesprochen hat.

Für grenzüberschreitende Projekte wie etwa Infrastruktur will die Kommission künftig verstärkt privates Kapital aufstellen. Als Anreiz für Investoren würde entweder die EU oder die Europäische Investitionsbank für die "EU-Projekt-Bonds" haften.

Wie schon aus einem vor kurzem durchgesickerten Papier zur Reform der GAP bekannt, sollen die für viele österreichischen Bauern lukrative Berechnungsmethode nach dem historischen Modell fallen. "Eine radikalere Reform bewegte sich weg von der Einkommensunterstützung der Bauern", so die Beamten.