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Kommt er oder kommt er nicht?

Von Martin Sattler

Wirtschaft

Elsner bekämpft Haftbefehl. | Bei Auslieferung sofort in U-Haft. | Wien. Die Vorgänge rund um die Auslieferung des ehemaligen Bawag-Chefs Helmut Elsners nach Österreich haben das Zeug zu einer echten Neverending Story: Antrag der Staatsanwaltschaft Wien auf Auslieferung, rein ins Spital, Aussetzung der Auslieferung aus Gesundheitsgründen, raus aus dem Spital, neuerliche Verhandlung . . .


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Gegen insgesamt neun Personen hat die Staatsanwaltschaft in der Affäre um die Bawag Anklage erhoben; darunter die ehemaligen Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler, Aufsichtsratspräsident und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger sowie Investmentbanker Wolfgang Flöttl. Ihnen wird in abgestufter Form Untreue, schwerer Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.

"Mit den Franzosen gibt es oft Probleme", dokumentiert ein bekannter Wiener Strafverteidiger die lange Dauer des Auslieferungsverfahrens, "Dort dauert die Behandlung von Rechtshilfeersuchen mehrere Jahre." Unmut kommt auch bei einem Experten der Reiseversicherungsbranche auf: "Es wäre verheerend, wenn Touristen jetzt glauben, man könne Herzpatienten nicht gefahrlos nach Österreich überstellen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden mehrere tausend Herzkranke aus allen Kontinenten per Flugzeug nach Österreich gebracht; Und alle haben´s überlebt." Dabei sei Fliegen in einem Rettungsjet die schonendste und stressfreieste Möglichkeit überhaupt, Kranke zu transportieren.

In Wien wartet U-Haft

Wird Elsner doch noch ausgeliefert, muss er von Gesetzes wegen umgehend in U-Haft genommen werden. Einige Wiener Spitäler verfügen dafür über geschlossene Abteilungen für kranke Untersuchungshäftlinge. Trotzdem steht und fällt auch noch dann ein Prozess mit dem Gesundheitszustand Elsners. Wegen der Herzbeschwerden wäre nämlich seine Verhandlungsfähigkeit, um dem Stress eines Verfahrens gewachsen zu sein, von Sachverständigen zu überprüfen. "Unabhängig vom Fall Elsner: Ab 70 wird oft versucht, vor Gericht Herzbeschwerden geltend zu machen", so der Anwalt.

Eigenes Verfahren

Wird Elsner aber nicht nach Wien ausgeliefert oder ist er krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähig, muss das Verfahren gegen ihn ausgeschieden werden. Denn ohne die Anwesenheit des Angeklagten darf keine Verhandlung stattfinden. Das Verfahren gegen Elsner wird dann auf unbestimmte Zeit vertagt - bis sich der Gesundheitszustand gebessert hat. Der Prozess gegen die anderen acht Mitangeklagten ist davon nicht betroffen. Doch selbst im Falle einer Verurteilung könnte Elsner, für den die Unschuldsvermutung gilt, ein Leben in Freiheit verbringen. Denn ist ein Strafvollzug wegen einer Krankheit nicht durchführbar, ist dieser so lange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat.

Parallel zu dem Auslieferungsverfahren in Frankreich kämpft der Ex-Bankier auch in Österreich gegen seine Anklage. Die Anklageschrift sei beeinsprucht worden, das entsprechende Verfahren laufe beim Oberlandesgericht Wien, sagte Elsners österreichischer Anwalt Wolfgang Schubert. Außerdem sei wegen der Haftbefehle eine Grundrechtsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof (OGH) anhängig. Gegenüber der "Wiener Zeitung" rechnen beide Gerichtshöfe, dass noch im Laufe des Jänners über die Anträge entschieden werde. Genaueres dürften sie aber aus Rücksicht auf die Parteieninteressen nicht bekannt geben; nur soviel: "Bei Grundrechtsbeschwerden entscheidet der OGH sehr rasch", so ein Sprecher.