Microsoft durch OpenSource und Online-Konkurrenz herausgefordert. | Redmond. (dpa) Die Lektüre der Wirtschaftspresse bereitet Microsoft-Chef Steve Ballmer derzeit wenig Spaß. Ausgerechnet zum 30. Firmenjubiläum drücken Schlagzeilen wie "Microsofts Midlife-Krise" auf die Stimmung.
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Mit dem diese Woche vorgestellten umfassenden Restrukturierungsplan, der den weltgrößten Softwarekonzern in drei Geschäftsbereiche aufteilt, gestehen aber Ballmer und Microsoft-Mitbegründer Bill Gates Probleme indirekt ein: Der Softwaregigant fühlt sich von Wettbewerbern wie Google und Technologietrends wie Linux herausgefordert wie nie zuvor in der Firmengeschichte.
Zum 30. Geburtstag von Microsoft erinnert sich Bill Gates fast wehmütig an die Aufbruchstimmung der Gründerphase: "Damals, 1975, hatten wir hochfliegende Träume. Jeden Tag begleitete uns eine Vision auf dem Weg zur Arbeit: "Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Haus. Zu einer Zeit, in der einige Computer so groß waren wie Kühlschränke, hielten uns viele für verrückt." Microsoft gelang es in den 1970er Jahren, ein völlig neues Geschäftsmodell zu etablieren. Zuvor waren Programme nur zusammen mit Hardware verkauft worden. Gates und sein Kompagnon Paul Allen verkauften ihr DOS-Betriebssystem nicht nur an den PC-Erfinder IBM, sondern an jeden beliebigen Hersteller und Endkunden. In den 1980er und 1990er Jahren legte Microsoft dann mit der Bürosoftware Office und dem Windows-Betriebssystem das Fundament für unglaubliches Wachstum und enorme Gewinne.
Vergangenes Geschäftsjahr erzielte der Softwaregigant mit 60.000 Beschäftigten einen Umsatz von rund 40 Mrd. Dollar (32,7 Mrd. Euro) und einen Gewinn von über 12 Mrd. Dollar. So weit so gut. Doch 80 Prozent des Umsatzes und quasi der komplette Gewinn beruhen auf Office und Windows. Und diese Quellen werden durch Trends wie das Open-Source-System Linux oder das Büroprogramm OpenOffice bedroht.
Die Milliarden-Löcher Xbox und MBS
Das Wirtschaftsmagazin "Forbes" rechnete vor, dass Microsoft allein mit seiner Spielekonsole Xbox und dem Onlinedienst MSN rund 7 Mrd. Dollar in vier Jahren verbrannt habe. Auch "Microsoft Business Solutions" (MBS) hinkt laut "Forbes" weit hinter den Vorgaben zurück. Bis 2010 sollte MBS demnach 10 Mrd. Dollar Umsatz machen. - "Bei der jetzigen Wachstumsrate von 6 Prozent würde dieses Ziel in 43 Jahren erreicht", so Forbes.
Die größte Herausforderung für Microsoft stellt dieser Tagen aber Google dar. Allein der Name bringt angeblich Steve Ballmer dazu, Stühle durch sein Büro zu werfen, wenn sich wieder ein Top-Programmierer in Richtung des Suchmaschinenbetreibers verabschiedet. Mit vielen Milliarden Dollar durch den Börsengang im Rücken bringt Google laufend neue Dienste auf den Markt, die immer häufiger mit Programmen von Microsoft im Wettbewerb stehen.
Deshalb verstärkt Microsoft seine Anstrengungen, Software als Internetdienst anzubieten. "In Unternehmen wird eine neue Generation von Business- und Produktivitäts-Software, die auf leistungsstarken Webservices basiert und auf den unterschiedlichsten Geräten läuft, Mitarbeiter mit den Menschen und Informationen vernetzen, die sie benötigen", verspricht Gates.
Manch einer möge sich fragen, ob Microsoft nach 30 Jahren Innovation einen Gang herunterschalten werde, so Gates weiter. "Ich bin überzeugt, wir fangen gerade erst an."
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