Bei der ersten Runde dürfte die Präsidentenpartei schwach abschneiden - auch in Paris, wo gerade noch die Kandidatin ausgetauscht wurde.
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Aus der Politik hat er sich weitgehend zurückgezogen, aber für seinen Schützling Rachida Dati machte Ex-Präsident Nicolas Sarkozy in dieser Woche eine Ausnahme und trat an ihrer Seite auf. "Ich konnte immer auf dich zählen und heute kannst du auf mich zählen", sagte der 65-Jährige am Montagabend auf der Bühne neben der Wahlkämpferin Dati stehend, die er einst zur Justizministerin gemacht hat. "Was ich an Rachida mag, ist ihr Mut. In der Politik treu und mutig zugleich sein? Wow!"
An der Parteibasis ist Sarkozy immer noch beliebt und so stellte sein Auftritt im Vorfeld der ersten Runde der zunehmend von der Coronavirus-Epidemie überschatteten französischen Kommunalwahlen am Sonntag eine wertvolle Unterstützung für die Konservative dar. Dati, die seit 2008 Stadtteil-Bürgermeisterin des schicken siebten Arrondissements ist, will Bürgermeisterin von Paris werden, doch aufgrund ihres aggressiven Auftretens gilt sie auch in der eigenen Partei als umstritten. Dennoch gelang ihr in den vergangenen Wochen eine Aufholjagd in den Umfragen. Mit rund 23 Prozent der Stimmen reicht sie knapp an die sozialistische Amtsinhaberin Anne Hidalgo heran, der 24 bis 26 Prozent vorhergesagt werden.
Viel Kritik an Hidalgo
Hidalgo hat sich mit ihrem resoluten Kampf gegen die Verschmutzung in der Stadt und gegen das hohe Verkehrsaufkommen viele Feinde vor allem unter den Autofahrern und Geschäftsleuten gemacht, zumal sie etliche Baustellen lancierte. Dati gibt sich als Sprachrohr ihrer Kritiker und macht Hidalgo zudem für die Zunahme der Zahl der Gewalttaten und Diebstähle in der Hauptstadt verantwortlich.
Sollten sich die beiden Politikerinnen für die Stichwahl am 22. März qualifizieren, wird es letztlich auf die Bündnisse mit anderen Parteien ankommen. Hier dürfte Hidalgo, die bereits in den vergangenen sechs Jahren mit einer Koalition aus Kommunisten und Grünen regiert hat, einen Vorteil haben. Unklar ist noch, wie sich die Regierungspartei La République en marche (LREM) und deren Spitzenkandidatin Agnès Buzyn verhalten und auf wessen Seite sie sich stellen. In Umfragen liegt sie mit 19 Prozent auf dem dritten Platz. Wichtige Stimmen nimmt ihr der Mathematiker Cédric Villani. Er ist zwar ein Parteifreund, behält aber seine eigene Kandidatur als Dissident bei, auch wenn er nur bei neun Prozent liegt.
Buzyn, die bis vor kurzem noch Gesundheitsministerin war, ist erst vor knapp vier Wochen in den Wahlkampf eingestiegen, nachdem der bisherige Kandidat, der Ex-Regierungssprecher Benjamin Griveaux, nach der Veröffentlichung intimer Videos überraschend zurücktrat. Dass ihre Partei die beliebte Gesundheitsministerin ausgerechnet während der Krise des Coronavirus abzog, zeigte die Wichtigkeit des Ergebnisses für LREM gerade in der Pariser Hauptstadt. Letztlich hat wohl Präsident Emmanuel Macron Druck ausgeübt, der sich offiziell zurückhält, handelt es sich doch um kommunale Wahlen. Frédéric Dabi vom Meinungsforschungsinstitut IFOP kündigt jedenfalls ein "Debakel" für die Regierungspartei an: "Die entscheidenden Faktoren bei Kommunalwahlen, die auf einer Alchimie zwischen der Bilanz, dem Projekt und der Verkörperung beruhen, kommen dieser jungen Partei nicht entgegen, die über keine Amtsinhaber verfügt und Schwierigkeiten hat, bekannte Kandidaten zu präsentieren." Abgesehen von Lyon dürfte LREM in keiner größeren Stadt siegen.
"Wird Macron schwächen"
Um den Image-Schaden abzumildern, unterstützt die Partei vielerorts andere Kandidaten und hofft im Gegenzug auf Sitze in den Stadt- und Gemeinderäten. Als Ziel gab sie 10.000 Sitze aus - was angesichts der rund 536.000 äußerst bescheiden klingt. So wird offensichtlich, dass der Bewegung, die Macron erst 2016 zur Unterstützung seiner Präsidentschaftskandidatur gegründet hat, eine lokale Verankerung bislang nicht gelang. Hinzu kommt, dass die Regierung ein Jahr nach der Protestbewegung der "Gelbwesten" und nach monatelangem Widerstand gegen die unpopuläre Rentenreform unter Druck ist.
Zwei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl handelt es sich für alle Parteien um einen wichtigen Stimmungstest. Während die Grünen und der rechtspopulistische Rassemblement National (RN) auf Zugewinne hoffen können, werden die Republikaner und die Sozialisten als traditionelle Volksparteien voraussichtlich viele Rathäuser halten können. So beweisen sie nach einer Serie an dramatischen Wahlniederlagen, dass sie zumindest lokal immer noch die stärksten politischen Kräfte sind. "Es ist am wahrscheinlichsten, dass LREM schließlich an vierter Stelle stehen wird", sagt Meinungsforscher Dabi. "Das kann Emmanuel Macron nur schwächen."