Die Gewinne der KPÖ lösen Ängste aus. Ihre ideologische Basis sollte man nicht vergessen.
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Sorgenvoll fragte mich eine polnische Bekannte: "Wieso wählen die Leute in Salzburg plötzlich die Kommunisten? Lernen die nicht in der Schule über die Verbrechen der KP-Diktaturen?" Meine Erklärung, dass die KPÖ Plus im Land Salzburg sicher nicht aus Liebe zum real existierenden Sozialismus, wie er in der Sowjetunion und in ihren Satellitenstaaten praktiziert wurde, von mehr als 11 Prozent der WählerInnen gewählt worden sei, besänftigte die Polin nur wenig.
Doch es waren soziale Themen, vor allem "leistbares Wohnen", die vor allem in der Stadt Salzburg dazu führten, dass die KPÖ von 21,5 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gewählt wurde. Und es war ein charismatischer junger Kommunist und ehemaliger Grüner, Kay-Michael Dankl, der viele enttäuschte Leute, die kein Vertrauen mehr zu den gewohnten Parteien haben, überzeugen konnte. Ganz ähnlich wie zuvor die KPÖ mit Elke Kahr in Graz.
Der Salzburger KPÖ-Spitzenkandidat Dankl machte in Interviews gute Figur. Denn er grenzte sich auch von "autoritären Systemen" aller Art und jeder Bewunderung für kommunistische Systeme ab. Auch vom russischen Kriegstreiber Wladimir Putin. Ebenso lehnte er einen Austritt Österreichs aus der Europäischen Union ab.
Auf der Website der KPÖ steht freilich zu diesem Thema: "Die Europäische Union behindert durch ihre neoliberale Ausgestaltung wichtige Maßnahmen wie etwa im Bereich des kommunalen Wohnbaus. Ihre Handelspolitik befördert die neokoloniale Aneignung von Land und Rohstoffen: unfaire Handelsabkommen, die Ausbeutung von Menschen in globalen Güterketten und die Zerstörung von Lebensräumen zugunsten des schnellen Profits." Kein Wort von der Europäischen Sozialcharta, kein Wort von der Charta der Grundrechte in der EU mit verbindlichen Rechten für alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger.
Im nach wie vor gültigen Programm der KPÖ vom 29. Parteitag der Kommunisten im Jahr 1994 in Linz finden sich immer noch Ziele wie die klassenlose Gesellschaft und die Überwindung des Kapitalismus, dazu ein Bekenntnis zu marxistischen Prinzipien. Die Verbrechen des Stalinismus werden nur kurz angesprochen. Dafür werden die USA - mitsamt der Nato - als ein Hort allen Übels gesehen, die als einziges Land über die entsprechenden Mittel verfügen, "in jeder Weltgegend zu intervenieren und mit Bomben und Raketen beinahe jedes Land der Welt gefügig zu machen". Der Kommunismus bleibe demnach die einzige "Alternative zur kapitalistischen Weltherrschaft".
Die heutige KPÖ Plus präsentiert sich verharmlosend als idealistische soziale Bewegung, die mit einstigen kommunistischen Irrwegen und Verbrechen nichts zu tun haben will. Doch bei allen sympathischen Auftritten von Dankl in Salzburg oder der Grazer Bürgermeisterin Kahr sollte man den ideologischen Hintergrund der KPÖ nicht vergessen. Und es stellt sich die Frage, warum talentierte Leute wie Dankl oder Kahr unbedingt unter das Dach der KPÖ geeilt sind. Wäre für eine engagierte, bürgernahe, links-grüne Partei nicht auch unter einem anderen, unbelasteten Namen Platz in der Politik?