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Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer und viele FPÖ-Funktionäre werden im Endspurt zur Wiederholungswahl von der Sorge getrieben, dass in Österreich kommunistische Umtriebe Platz greifen. Bei einer Veranstaltung mit dem tschechischen Ex-Präsidenten Vaclav Klaus, einer Leitfigur der extrem rechten Parteien Europas, fielen zudem Ausdrücke wie "Chlorophyll-Marxisten". Damit wird deutlich, dass die Grünen gemeint sind - und indirekt deren früherer Bundesobmann und jetzige Hofer-Kontrahent Alexander Van der Bellen.
Angst vor Kommunismus? Die KPÖ kam zuletzt bei der Nationalratswahl auf 48.175 Stimmen, das entsprach 1 Prozent. Die FPÖ kam auf 20,5 Prozent. Auch in den jüngsten TV-Duellen und Wahlkampfauftritten kam das Wort "kommunistisch" bei Hofer häufig vor.
Die Frage lautet: Was soll das? Dass Österreich einer kommunistischen Gefahr ausgesetzt ist, glaubt kein Mensch. Sie ist so wahrscheinlich wie freie Sicht auf die Rückseite des Mondes.
Dass die FPÖ - und ihr Kandidat - trotzdem davon sprechen, ist also sachlich betrachtet eine Themenverfehlung erster Ordnung. Ein (vielleicht künftiger) Bundespräsident, der sich vor Gespenstern fürchtet?
Mitnichten. Das Wort "kommunistisch" ist eine Chiffre. Es steht hier für Verbote, Bevormundung, Unterdrückung. "Die Grünen sind eine Verbotspartei" - diesen Spruch gibt es ja bereits. Dass in den Kernschichten der Sozialdemokratie der Kommunismus geradezu verhasst ist, soll wohl etliche aus diesem Lager dazu bewegen, am 4. Dezember für Hofer zu stimmen.
Mit dem Wort "kommunistisch" wird Stimmung gemacht. Die FPÖ-Ideen präsentieren sich in der Regel nicht besonders liberal. Nun wird signalisiert: Da ist jemand, der es mit der Freiheit noch weniger ernst nimmt. Mit dem Wort "kommunistisch" rückt sich Hofer in jene politische Mitte, die ihm viele nicht abkaufen.
Das mag in der politischen Auseinandersetzung als Stilmittel gelten, besonders vertrauensfördernd ist es nicht. Wenn Hofer bewusst inhaltsleere Chiffren verwendet, die bloß Stimmung machen sollen, wie würde er als Bundespräsident agieren? Und was kann man ihm glauben, und was ist reine Taktik? Wenn er am Sonntag verliert, ist es egal. Aber wenn er die Wahl gewinnt, hat er der Glaubwürdigkeit des Präsidentenamtes keinen Dienst erwiesen.