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Komplementärmedizin: Die Schweiz als Vorreiter

Von Michael Frass

Gastkommentare

Am 17. Mai 2009 hat sich die Schweizer Bevölkerung in einer Volksabstimmung für die Verankerung von fünf Methoden der Komplementärmedizin in der Schweizer Verfassung ausgesprochen: Die neue Verfassungsbestimmung "Zukunft mit Komplementärmedizin" wurde von allen 26 Ständen und mit 67 Prozent Ja-Stimmen vom Volk angenommen. Seither steht in der Schweizer Bundesverfassung: "Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin."


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Dieser - von den österreichischen Medien kaum beachteten - Entscheidung war ein jahrelanger Streit vorausgegangen: Im Rahmen des "Programms Evaluation Komplementärmedizin" (PEK) waren fünf Methoden über mehrere Jahre untersucht worden: Pflanzenheilkunde, Neuraltherapie, Homöopathie, chinesische Arzneitherapie und anthroposophische Medizin. Die Aufnahme in den Grundversicherungskatalog war an die Bedingung geknüpft, dass bis zum 30. Juni 2005 der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Methoden erbracht sein sollte.

Obwohl dieser Nachweis im Rahmen der Studie PEK erbracht worden war, traf Bundesrat Pascal Couchpin am 3. Juni 2005 ohne Begründung eine politische Entscheidung, dass diese Behandlungen aus der Grundversicherung zu streichen seien. Den PEK-Experten sowie den Mitarbeitern der beteiligten wissenschaftlichen Institute wurde sogar unter Strafandrohung (!) verboten, Studienresultate zu veröffentlichen. Nach dem jetzigen Volksentscheid müssen nunmehr die Fachgesellschaften beim Bundesamt für Gesundheit zunächst einen Antrag stellen und nachweisen, dass die fünf Methoden den auch für die Schulmedizin geltenden gesetzlichen Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen.

Mit der Zustimmung durch den Volksentscheid verbindet sich vor allem die Erwartung, dass die ehemals im Jahr 2005 aus der Grundversicherung gestrichenen Therapien wieder von den Krankenkassen bezahlt werden.

Auch in Österreich gibt es Bestrebungen, die Komplementärmedizin stärker in das bestehende Gesundheitssystem zu integrieren. Seit 20 Jahren bildet der Dachverband österreichischer Ärztinnen und Ärzte für Ganzheitsmedizin (www.ganzheitsmed.at) eine Experten-Plattform, in der die wichtigsten komplementärmedizinischen Ärztegesellschaften vertreten sind. Der Dachverband bemüht sich nicht nur um fundierte Ausbildungsprogramme, sondern auch um den Dialog mit der konventionellen Medizin sowie um die Förderung der Forschung.

Michael Frass ist Internist und Homöopath in Wien, Präsident des Dachverbandes österreichi-scher Ärztinnen und Ärzte für Ganzheitsmedizin sowie Vize-präsident der Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie .