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Kompromisse oder Blockade?

Von WZ Online / Liz Sidoti, AP

Politik

Washington. Zwei Jahre nach seinem triumphalen Einzug ins Weiße Haus haben die amerikanischen Wähler US-Präsident Barack Obama bei den Zwischenwahlen zum Kongress einen harschen Denkzettel verpasst.


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Im Repräsentantenhaus holten sich die Republikaner die 2006 verlorene Mehrheit mit dem kräftigen Zugewinn von mindestens 53 Mandaten zurück. Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage und die hohe Arbeitslosigkeit haben Obama und den Demokraten Stimmen gekostet. Doch die Wähler verwehrten der Opposition den totalen Erfolg: Im Senat gewann sie nicht die zehn Sitze hinzu, um auch in dieser Kammer die Mehrheit zu übernehmen.

Das Kapitol wird bis zur Präsidentenwahl in zwei Jahren weder ganz in republikanischer noch demokratischer Hand sein. Die beiden großen Parteien, die sich einen verletzenden und polarisierenden Wahlkampf geliefert hatten, stehen nun vor der Alternative: Kompromisse oder Blockade bis zur nächsten Wahl. Aber ihnen scheinen die politischen Rezepte zu fehlen, und auch die Wähler sind Umfragen zufolge völlig uneins, wie die Probleme des Landes gelöst werden sollen.

Der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Tim Kaine, gab schon vor Bekanntgabe der ersten Ergebnisse die Parole aus: "Alle müssen zusammenarbeiten." Kaine sprach von einer Botschaft des Volkes: "Wir haben einen Demokraten im Weißen Haus. Wir werden eine Mehrheit republikanischer Gouverneure, einen demokratischen Senat und ein republikanisches Abgeordnetenhaus haben." Das zwinge zur Kooperation.

Der designierte künftige republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner, stellte sogleich Bedingungen. "Wir hoffen, dass Präsident Obama nun den Willen des Volkes respektiert, den Kurs ändern und sich verpflichtet, die Änderungen zu machen, die es verlangt", erklärte er zum Erfolg seiner Partei. "In dem Ausmaß, wie er dazu bereit ist, sind wir zur Zusammenarbeit bereit." Boehner wird im Jänner die Demokratin Nancy Pelosi im dritthöchsten Amt der USA ablösen.

Fraglich bleibt, ob die Politik bei den anstehenden Entscheidungen überhaupt damit rechnen kann, von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt zu werden. In Umfragen der Nachrichtenagentur AP haben Wahlberechtigte zwar übereinstimmend erklärt, dass die Bekämpfung des gewaltigen Haushaltsdefizits, Ausgaben zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Steuersenkungen die wichtigsten Aufgaben sind, die der Kongress lösen müsse. Keine Einigkeit gibt es aber bei dem Wie. Das von Obamas Regierung aufgelegte 814 Milliarden Dollar schwere Konjunkturprogramm zur Überwindung der schweren Rezession halten jeweils ein Drittel für richtig, falsch oder nutzlos.

So kommt zur empfindlichen Klatsche für Obama und seine Partei die Erkenntnis, dass derzeit niemand ein mehrheitsfähiges Konzept zur Lösung der Probleme hat. Die Mehrheit in Umfragen ist nicht nur mit Obama, sondern auch der Arbeit des Kongresses unzufrieden. Gut möglich, dass sich, während sich die Politiker nach den Wahlen nun mit ihrer neuen Wirklichkeit arrangieren, sich an der harten Realität vieler US-Bürger erst einmal nichts ändern wird: Fast 15 Millionen Arbeitslose, mehr als zwei Millionen Hausbesitzer vor der Zwangsversteigerung, Rekorde bei Konkursen. Und keine Zeichen für eine Besserung, kein Konzept zur Überwindung der Krise in Sicht.

Obama wird vermutlich versuchen, mit Kompromissen im politischen Tagesgeschäft für seine Wiederwahl in zwei Jahren hin zu arbeiten. Doch die Republikaner haben wohl nicht die Absicht, ihren harten Kurs gegen seine Regierung abzuschwächen. Das wäre ein Rezept für Blockade, Parteiengezänk, gegenseitige Schuldzuweisungen.