Beim anstehenden Landesparteitag will die SPÖ mit zwei Leitresolutionen eine gemeinsame Linie beim Thema Flüchtlinge formulieren. Die Fronten in der Partei sind jedoch verhärtet. Ein Überblick.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Nach den geschlagenen Wien-Wahlen im Oktober lagen sich die Genossen noch in den Armen. Der Herausforderer FPÖ konnte entgegen anderslautenden Prognosen in Schach gehalten werden. Mit knapp neun Prozent Vorsprung hielt die SPÖ den ersten Platz. Es war bis heute wohl das letzte Mal, dass sich die Genossen quer durch die Partei in den Armen lagen. Seitdem rumort es in der SPÖ zwischen dem linken Flügel rund um Sozialstadträtin Sonja Wehsely und dem rechten Flügel, angeführt von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.
Das Verschließen von Routen für Flüchtlinge vergrößerte die interne Kluft. Die einen begrüßten die Maßnahmen, die anderen lehnten sie ab. Immer öfters kam es zu Streit, der auch in die Öffentlichkeit getragen wurde. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der vor der Wahl mit seinem baldigen Abschied liebäugelte, war gefragter denn je. Schließlich bildet der Parteichef die Klammer zwischen den beiden Polen.
Als die Bundesregierung beschloss, den Zustrom der Flüchtlinge zu begrenzen, versuchte Häupl es beiden Seiten in seiner Partei rechtzumachen. Es handle sich nicht um eine "Obergrenze", wie sie die ÖVP kommuniziere, sondern um einen "Richtwert", sagte Häupl. Bei einer Vorstandstagung am Kahlenberg konnte er die erhitzten Gemüter beruhigen.
Am kommenden Samstag trefen die beiden Lager beim Landesparteitag in der Messehalle D wieder zusammen. Das Motto: "Bewegen wir Wien: Mutig. Menschlich. Miteinander". Häupl möchte dort den "Diskussionsprozess" am liebsten abschließen, wie er sagt. Ob es dazu kommt, ist unwahrscheinlich. Ein Parteitag, wo das höchste Gremium der SPÖ zusammentritt und hunderte Delegierte über 156 Anträge abstimmen, ist stets ein Kräftemessen zwischen den unterschiedlichen Positionen. Hier kann das Stärkeverhältnis der beiden Lager erkundet und somit die künftige Positionierung justiert werden.
Leitresolutionohne Flächenbezirke
Dass eine einheitliche Linie nur schwer zu finden sein wird, zeigt eine der beiden Leitresolutionen, die beim Parteitag eingebracht werden um über die Parteilinie abzustimmen. Sie wird nicht nur vom Vorstand, sondern auch von der Jungen Generation und acht Bezirksorganisationen mitgetragen. Darunter befinden sich aber nicht die rechts stehenden Flächenbezirke wie Floridsdorf, Donaustadt, Simmering und Favoriten.
Bemerkenswert ist auch, dass sich beide Leitresolutionen auf das Thema Flüchtlinge beziehen. Ob damit ein gemeinsamer Standpunkt formuliert werden kann? 14 Anträge und Resolutionen beschäftigen sich jedenfalls mit dem Thema. Die Bandbreite ist groß.
So fordert die Junge Generation, dass sich die SPÖ klar gegen die "restriktive Asylpolitik der Bundesregierung" stellen müsse. Der Regierung wirft die Jugendorganisation zudem einen "menschenverachtetenden Kurs" vor.
Die Sozialistische Jugend äußert in einem Antrag ebenso ihren Unmut über die Flüchtlingspolitik. Dabei gerät auch Parteichef Häupl in die Kritik. "Klar ist, dass die Einführung einer Obergrenze, von einigen ironisch auch ,Richtwert‘ genannt, mit derzeit geltendem EU- sowie Völkerrecht nicht im Einklang steht", heißt es. Gegen Obergrenzen und Richtwerte richtet sich auch der Antrag des Verbandes Sozialistischer Student_innen (VSSTÖ).
Grenzsicherung und Rückführung im Vordergrund
Für die Bezirksorganisationen Hietzing und Liesing sei die Aufnahmekapazität der Flüchtlinge hingegen nicht unbegrenzt. Sie fordern in ihrem gemeinsamen Antrag, dass sich Österreich verstärkt in Krisengebieten engagieren soll, um die "Fluchtursachen zu bekämpfen". Außerdem sollen "effiziente Rückführungsabkommen mit Drittstaaten" verhandelt werden. Und weiter: "Die Notwendigkeit, Richtwerte für die Kapazitäten Österreichs zu definieren, wird anerkannt."
Eine ähnliche Position vertritt die Floridsdorfer Bezirksorganisation. "Gemeinsame Grenzsicherung, eine faire Verteilung in der EU und gemeinsame Rückführungsabkommen müssen im Vordergrund stehen", heißt es. Alle Anträge liegen der "Wiener Zeitung" vor.
Für Häupl geht es nun darum, neben der Flüchtlingskrise auch andere Themen in den Vordergrund zu rücken. Themen, die weniger polarisieren und bei der die Partei wieder als Einheit auftreten kann. Damit sich die Genossen auch nach den nächsten Wahlen wieder in den Armen liegen können. Mit oder ohne Häupl.