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Konfession schwindet, Glaube bleibt

Von Rudolf K. Höfer

Gastkommentare
Rudolf K. Höfer ist außerordentlicher Professor für Kirchengeschichte an der Universität Graz.

Konfessionslos bedeutet selten ungläubig. Glaube darf nicht nur am Geld aufgehängt werden.


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Die jüngste Studie über die Entwicklung der Religionszugehörigkeit der Bevölkerung in Österreich des Instituts für Demographie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist sehr zu begrüßen. Dass die Bevölkerungswanderung unter der Annahme verschiedener Szenarien zugrunde gelegt wurde, ist naheliegend und betrifft ähnlich die meisten Länder in Europa. Die mediale Interpretation kann freilich noch ergänzt werden.

Auffallend in der Studie ist die Zunahme der Konfessionslosen in Österreich laut der auf Schätzungen beruhenden Religionsstatistik (weil seit 2001 in Österreich keine Erhebung des Religionsbekenntnisses bei einer Volkszählung mehr durchgeführt worden ist). Man kann die Veränderungen feststellen und auch die Frage nach den Ursachen stellen. Woher kommen die Konfessionslosen in Österreich? Und was bedeutet es wirklich, konfessionslos zu sein? Die Migration ist dabei eher keine Hauptursache.

Eine ungleich größere Wirkung als die Migration haben Kirchenaustritte. Wenn der Studie zufolge gegenwärtig 2,63 Millionen als konfessionslos bezeichnet werden, so sind davon 1,34 Millionen Katholiken seit 1989 allein durch Austritt zu Konfessionslosen geworden. Die Austritte seit 1945 sind da gar nicht eingerechnet. Das ist weit mehr als die Hälfte der als konfessionslos bezeichneten Bürger. Von Austritten sind Religionsgemeinschaften generell betroffen.

Die meisten Menschen treten nicht vom Glauben aus, sondern von den Beitragszahlungen. Sie glauben nach einem Kirchenaustritt das Gleiche wie vorher. Konfessionslos bedeutet also nicht gleich ungläubig. Das Kirchenrecht definiert hingegen den Austritt fälschlich als Glaubensabfall. In Österreich wird man durch Austritt (seit 1868 möglich) konfessionslos, der durch Adolf Hitlers Kirchenbeitragsgesetz seit 1939 noch massiv gefördert werden sollte. Austritt bedeutet heute die Abkehr von einem Zwangsbeitrag nach einem Gesetz, das alle vom NS-Regime annektierten Länder wieder abgeschüttelt haben, nur Österreich nicht.

Die Bischofskonferenz hat in ihrem Amtsblatt schon 1998 festgestellt, dass "für zwei Drittel das Motiv für den Austritt der Kirchenbeitrag ist". Ihre Vorgänger haben 1939 geschlossen gegen das Kirchenbeitragsgesetz protestiert. Christen dann "schwächelndes Christentum" vorzuhalten, wird kein kirchenfeindliches Gesetz beseitigen. Die Folgerung des bekannten Pastoraltheologen Paul Zulehner, dass die Kirche weiter schrumpfen werde, "wenn sie so weitermacht wie bisher", ist verständlich. Das Nachbarland Italien hat ohne persönliche Belastung mit der Steuerwidmung für Kultur oder eine Religionsgemeinschaft unabhängig von der Höhe des Einkommens keine Kirchenaustritte.

In der Studie werden auch 700.000 Muslime oder 8 Prozent der Bevölkerung selbstverständlich als gläubig betrachtet, obwohl bei der vergangenen Wahl des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) sich nur 25.000 Muslime registrieren ließen, um wählen zu können. Niemand würde die nicht offiziell registrierten Muslime als konfessionslos einreihen, weil sie keinen Religionsbeitrag zahlen - das wäre einfach grotesk.