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Königstiger in Bedrängnis

Von WZ-Korrespondent Wu Gang

Politik

Die Untersuchungen gegen Ex-Sicherheitschef Zhou Yongkang stellen selbst den Korruptionsskandal um Bo Xilai in den Schatten.


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Peking. Während die Schockwellen nach dem Bo-Xilai-Skandal in China nur langsam abklingen, braut sich bereits das nächste Politbeben zusammen - und dieses könnte so heftig ausfallen, dass chinesische Medien bis jetzt nicht einmal den Namen des Verantwortlichen nennen dürfen.

Dabei wissen die meisten längst, um wen es sich handelt: Zhou Yongkang war zuletzt oberster Sicherheitschef in der Volksrepublik und Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem wichtigsten Machtgremium des Landes. Viele halten den ehemaligen "Sicherheitszaren", dessen Haushalt für die Innere Sicherheit und die Geheimdienste höher war als der Verteidigungsetat, gar für den mächtigsten Politiker der Ära Hu Jintao. Nicht nur Zhous Konkurrenten fürchten sein Wissen um Staatsgeheimnisse und Beziehungsgeflechte, das er sich durch ein weitverzweigtes und feinmaschiges Netzwerk aufgebaut hat.

Wenn Staatspräsident Xi Jinping bei seinem Amtsantritt gelobt hat, im Kampf gegen Korruption "Fliegen und Tiger" zu jagen, dürfte er es mit Zhou Yongkang auf einen Königstiger abgesehen haben. Der 71-Jährige steht seit Ende letzten Jahres unter Hausarrest. Im Verlauf der Untersuchungen haben Behörden Besitztümer und Konten im Wert von 14,5 Milliarden Dollar beschlagnahmt. Bei dieser Zahl handelt es sich jedoch lediglich um eine Momentaufnahme; sie dürfte in den nächsten Wochen noch einige Male korrigiert werden - vermutlich eher nach oben. Zudem wurden mehr als 300 Personen aus Zhous Einflusskreis festgenommen oder verhört; ein Dutzend seiner Verwandten wurden in Gewahrsam genommen, darunter ein Sohn, ein Bruder und seine Ehefrau Jia Xiaoye, eine ehemalige Fernsehreporterin.

Der Fall sprengt alle bekannten finanziellen und politischen Dimensionen - nicht zuletzt auch deshalb, da es bis jetzt ungeschriebenes Gesetz war, amtierende und ehemalige Mitglieder des Ausschusses von Ermittlungen zu verschonen. Doch Zhou dürfte sich den Zorn des chinesischen Präsidenten zugezogen haben, da er dem Vernehmen nach als Einziger gegen die Absetzung seines Vertrauten Bo Xilai gestimmt hatte.