In Teilen Nordeuropas ist die Zahl der Corona-Infektionen sehr niedrig, auch vergleichsweise wenige Tote sind zu beklagen. Wie meistern Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Island die große Krise? Eine Umschau.
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Seit dieser Woche liegt die Zahl der positiv auf das Coronavirus getesteten Personen im dreistelligen Millionenbereich. Weltweit wurden mehr als 100 Millionen Infektionen seit Ausbruch der Pandemie gemeldet. Rund ein Viertel davon betreffen ein einziges Land, die USA. In Europa sind Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien die hauptbetroffenen Staaten. Mit am besten durch die Krise sind bisher skandinavische Länder - mit der großen Ausnahme Schweden - sowie Finnland gekommen.
Dänemarks digitaler Kampf gegen Covid-19
Doch worin begründet sich der Erfolg der Skandinavier im Kampf gegen Covid-19? Die kurze Antwort: Hochentwickelte Wohlfahrtsstaaten, beneidenswert gute Bildungssysteme, zentralisierte Entscheidungsprozesse im Krisenmanagement, ein hoher Digitalisierungsgrad in der öffentlichen Verwaltung und großes Vertrauen der Bürger in die Kompetenz ihrer Regierungen.
Für die Politikwissenschafts-Professorin Hanne Foss Hansen am Institut für Staatskunde an der Universität Kopenhagen ist der zuletzt genannte Punkt von herausragender Bedeutung. Hansen gegenüber der "Wiener Zeitung": "Die Dänen sind den Normen und Empfehlungen ihrer Regierung mit überwiegender Mehrheit gefolgt. Aus meiner Sicht ist das der wohl wichtigste Erfolgsfaktor bei der Eindämmung der Pandemie in Dänemark. Dadurch war es auch möglich, die Lockdowns weniger strikt anzuordnen, weil die Regierung sich darauf verlassen konnte, dass die Bevölkerung die Maßnahmen mitträgt. Die Regierung hat stets mehr auf Empfehlungen als auf Anordnungen gesetzt - auch wenn sich zuletzt ein gewisser Kommandoton eingeschlichen hat. Zweitens: Den Lockdowns sind Wirtschaftshilfen gefolgt. Drittens wurden massive Testkapazitäten geschaffen."
Auch Jens Ludgren, Virologe an der Universitätsklinik Kopenhagen, unterstreicht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" die Bedeutung des hohen Grads an Vertrauen der Bevölkerung in die Maßnahmen der Regierung: "Die Bevölkerung soll das ja auch dort mittragen, wo die Regierung keine Interventionsmöglichkeiten hat: Im privaten Bereich, in den Familien, im Freundeskreis. Da kommt es nicht darauf an, was die Regierung in Kopenhagen sagt oder will, sondern da kommt es darauf an, was jeder Einzelne tut oder unterlässt." Das habe gut funktioniert.
Ein weiterer Vorteil sei gewesen, dass der öffentliche Sektor in Dänemark seit vielen Jahren auf modernste IT-Infrastruktur setzt. Die Kommunikation zwischen den Behörden habe von Anfang an gut funktioniert und es gebe in Dänemark auch die Möglichkeit, dass die Regierung auf elektronischem Weg direkt mit einzelnen Bürgern kommuniziert. Dass das Land bereits im Jahr 2013 ein digitales Impfregister aufgebaut hat, vereinfache nun die Impfkampagne. "Wir können den Impf-Rollout in Echtzeit verfolgen, wir wissen ganz genau, wer zur zweiten Impfung dran ist. Aber wir haben derzeit das Problem, das alle in Europa haben: Wir haben zu wenig Impfstoff."
Virologe Ludgren verweist auch auf ein "sehr robustes" Testsystem: "Wir testen jeden Tag rund 2 Prozent der Bevölkerung. Dadurch erkennen wir Hotspots sehr früh. Unser Testsystem wäre auch eine gute Basis für ein effizientes Contact-Tracing, aber das hat bei uns - wie in den meisten europäischen Ländern - nicht so gut funktioniert. Denn das Contact-Tracing beruht auf die Informationen, die uns die Patienten freiwillig geben, und es gab von Anfang an Bedenken wegen dem Schutz der Privatsphäre."
Vielleicht haben Länder wie Dänemark, Norwegen oder Finnland einfach Glück mit ihrer geografischen Lage an der Peripherie Europas? Lundgren winkt ab: "In der Region Kopenhagen-Mamö-Lund zwischen Dänemark und Schweden leben fast vier Millionen Menschen, die Bevölkerung ist dort auch sehr multikulturell und die Region eng an die wichtigsten Handels- und Verkehrszentren Europas angeschlossen."
Politikwissenschafterin Hansen hält den Kooperationsgeist in der dänischen Gesellschaft für eine Stärke, die sich in der Pandemie bewährt habe: "Diesen Willen zur Zusammenarbeit gab es nicht nur in den Institutionen, sondern auch über Organisationsgrenzen hinaus. In vielen Bereichen gab es Initiativen, innovative digitale Lösungen zu finden: in den Schulen, den Universitäten, den Arbeitsämtern und im Gesundheitswesen." Dass in Dänemark dem Offenhalten der Schulen eine hohe Priorität beigemessen wurde, beurteilt Virologe Lundgren als richtige Entscheidung: Der Beitrag von Grundschulen zum Infektionsgeschehen sei nicht allzu groß. Im Moment seien die Schulen aber in Sorge vor der Sars-CoV-2-Variante B.1.1.7. geschlossen.
Fragt man die dänischen Experten nach den größten Fehlern, die passiert sind, so herrscht große Einigkeit. Als im Sommer die ersten Infektionsketten in Nerzfarmen aufgetaucht seien, habe man auf das Problem nicht angemessen reagiert. Im November musste es dann ganz schnell gehen: Die Regierung ordnete an, alle 16 Millionen Nerze im Land zu töten und zu vernichten. Später stellte sich heraus, dass dieser Verordnung die Rechtsgrundlage fehlte. Erstmals in der Krise büßte die Regierung an Vertrauen in der Bevölkerung ein.
Interessant sind die Hypothesen, die in Skandinavien zum schwedischen Sonderweg kursieren: Vielleicht, so der Gedanke, fehlt es in Schweden an Krisenbewusstsein - es gebe schlicht keine historische Erfahrung mit irgendeiner Form von Ausnahmezustand. Schweden war seit 1814 - ein kurzer Konflikt mit Norwegen - in keinen Krieg mehr involviert und hat auch sonst seit Generationen nie eine Art von Ausnahmezustand durchlebt, während in den übrigen skandinavischen Ländern noch Menschen mit direkter Kriegserfahrung am Leben sind - auch, wenn diese heute fast 100 Jahre alt sind. So wurde Dänemark 1939 und Norwegen 1940 von Hitlerdeutschland annektiert, Finnland wurde 1939 von der Sowjetunion überfallen, kämpfte dann an der Seite von Hitlerdeutschland, wechselte aber vor Kriegsende wieder die Seiten. "Die Leute in Norwegen und Finnland haben im Zweiten Weltkrieg viel durchlitten - in Dänemark weniger und Schweden hat es geschafft, neutral zu bleiben", sagt der dänische Zukunftsforscher Carsten Beck vom Copenhagen Institute for Future Studies. Ein zweites Argument: "In Schweden gaben Experten wie Anders Tegnell beim Kampf gegen Covid-19 den Ton an. Ich verstehe übrigens nicht, warum man die Experten nicht feuert, wenn man der Meinung ist, dass der eingeschlagene Weg falsch ist. In Dänemark gab es - im Gegensatz zu Schweden - den Konsens, dass es sich letztlich um politische Entscheidungen handelt."
Norwegens Vorbehalte gegenüber Österreich
Noch deutlich besser als Dänemark hat Norwegen das Infektionsgeschehen unter Kontrolle. 11.500 Corona-Fälle und 103 Tote pro eine Million Einwohner bedeuten auch wesentlich niedrigere Werte als in Österreich. Dabei greift das Land auf äußerst strenge Regeln zurück: Bereits bei der Einreise wird ein negativer PCR-Test verlangt, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Das alleine genügt jedoch nicht, bei der Ankunft in Norwegen muss ein Antigentest absolviert werden, der am Flughafen oder an den Grenzübergängen erfolgt. Reisen die Personen aus Ländern ein, die Norwegen als besonders risikoreich einstuft, ist statt des Antigentests ein PCR-Test erforderlich. Diese Regelung gilt unter anderem für Großbritannien, Irland und Portugal, die stark von der Virus-Mutante B.1.1.7 betroffen sind - aber auch für Österreich. Das Infektionsgeschehen und die Gefahren hierzulande werden also von Norwegen äußerst kritisch beäugt.
Zudem besteht nach der Einreise eine zehntägige Quarantänepflicht. Die Besonderheit: Wer keine Wohnung in Norwegen hat, muss diese Tage in einem Quarantänehotel verbringen. Hierfür verlangt der Staat bei Privatpersonen einen Kostenbeitrag von 500 Kronen (48 Euro) pro Tag. Wer gegen die Quarantäneregeln verstößt, dem droht schlimmstenfalls der Landesverweis.
Die ohnehin strengen Vorschriften wurden aus Sorge vor den Corona-Mutationen nun nochmals verschärft. Seit Freitag sind die Grenzen für fast alle Personen geschlossen, die nicht in Norwegen leben. So restriktiv war die Regierung unter der konservativen Premierministerin Erna Solberg zuletzt im März vergangenen Jahres. Das verdeutlicht, wie ernst Norwegen die derzeitige Corona-Lage nimmt.
Nach außen Härte zeigen, im Inneren wenn möglich Freiheiten gewähren, lautet die Devise. Während sich der Südosten Norwegens infolge eines Ausbruchs der britischen Covid-Mutante im strengen Lockdown befindet, bleiben andernorts Restaurants und Bars geöffnet. Auch Alkohol wird begleitend zum Essen ausgeschenkt. Eine Ausgangssperre verhängte die Regierung bisher nicht - machte aber klar, dass sie notfalls auch zu diesem Mittel greifen wird.
Norwegens großes Glück bei der Krisenbewältigung liegt in den niedrigen Staatsschulden, die nur 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Zudem verfügt das Land über rund eine Billion Euro, die im Fonds aus den Öl- und Gasreserven angelegt sind. Erste Weichen für die Zukunft werden bereits gestellt: So wurde der Kredittopf der Innovationsfördergesellschaft um 140 Millionen Euro aufgestockt. Zusätzliche Forschungs- und Fördermittel sollen die Industrie grüner machen und den Umstieg auf eine nachhaltige Schifffahrt beschleunigen, schreibt Germany Trade and Invest (GTAI) in einer Standortanalyse zu Norwegen.
Unternehmern gewährt der Staat derzeit Kreditgarantien in Höhe von 90 Prozent des Darlehens. Bei Arbeitnehmern wurde die Kurzarbeitsregelung von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert und das Arbeitslosengeld für Personen erhöht, die mit Beginn der Krise im März 2020 den Job verloren haben. Bei geringeren Jahreseinkommen bis knapp 30.000 Euro werden 80 Prozent des bisherigen Lohns ausbezahlt. In Österreich fordert die Arbeiterkammer erfolglos die Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent.
Schweden schließt den Lockdown nicht mehr aus
Ein derartig großes finanzielles Polster wie Norwegen besitzt Schweden nicht. Doch auch im Nachbarland ist der Schuldenstand im europäischen Vergleich gering, auch wenn dieser 2020 die 40-Prozent-Marke überschritten hat. Und auch die vom Sozialdemokraten Stefan Löfven angeführte Regierung setzt auf Investitionen. Im heurigen Haushalt sind GTAI zufolge umgerechnet zehn Milliarden Euro hierfür veranschlagt, mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Innovationen, Bildung und Gesundheit.
Ganz andere Pfade betrat Schweden bei den Gesundheitsmaßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Der viel zitierte Sonderweg wurde weltweit verfolgt: das Offenhalten von Kindergärten und Schulen bis zur achten Schulstufe, die offenen Restaurants und erlaubten Menschenansammlungen bis 50 Personen, während andernorts strenge Lockdowns verordnet wurden.
Doch seit der zweiten Corona-Welle stößt auch dieser Ansatz an seine Grenzen. Premier Löfven holte sich im Jänner die parlamentarische Zustimmung für ein Pandemiesondergesetz, mithilfe dessen Beschränkungen auch verpflichtend gemacht werden können. Öffentliche Zusammenkünfte von mehr als acht Personen sind nicht mehr erlaubt. Geschäfte müssen zehn Quadratmeter Platz pro Besucher einplanen und beim Eingang Informationen zur maximalen Kundenzahl angeben. Die Gastronomie darf zwar weiter offen halten, jedoch sind nur noch maximal vier Personen pro Tisch gestattet. Auch der Grundsatz, die jüngeren Schüler unbedingt in den Präsenzunterricht zu schicken, musste aufgeweicht werden. Sie können auf Distanzunterricht wechseln, die Entscheidung liegt bei der jeweiligen Schuldirektion. Selbst ein Lockdown ist nicht mehr ausgeschlossen, entsprechende Notfallpläne sind ausgearbeitet. Bei der Einreise wurde bereits diese Woche ein Verbot für Personen ausgesprochen, die über Großbritannien, Dänemark und Norwegen ins Königreich gelangen wollen.
Staatsepidemiologe Anders Tegnell glaubt nicht an eine Normalisierung der Lage bis zum Sommer. Der 64-Jährige ist das öffentliche Gesicht von Schwedens Corona-Sonderweg, er verwies dabei stets auf gravierende psychosoziale Folgen von harten Lockdowns. Tegnell gestand aber ein, dass Schweden viel zu viele Tote infolge der Pandemie zu beklagen hat. Mehr als 1.100 Personen pro einer Million Einwohner kamen ums Leben - zehnmal so viele wie in Norwegen. Neun von zehn Corona-Toten des vergangenen Jahres waren 70 Jahre oder älter.
Nicht nur mangelt es an Krankenhausbetten. Die Alten- und Pflegeeinrichtungen erwiesen sich als die große Schwachstelle des schwedischen Gesundheitssektors. Covid-19 wurde auch über Pfleger eingeschleppt, die mitunter nur auf Stundenbasis beschäftigt sind und es sich daher gar nicht leisten können, nicht zu arbeiten. Die Regierung will nun die Altenpflege neu regeln. Und die Kommunen erhalten pro Jahr 370 Millionen Euro zusätzlich für die Pflege.
Finnlands wahres Klischee der Distanz
Finnland hat die Pandemie gut im Griff, ist unter Europas Spitzenreitern bei der Bekämpfung. Klar: Finnlands Bewohner leben über eine riesige Fläche verstreut, doch das allein ist noch kein großer Vorteil bei der Pandemiebekämpfung. Hier zählt die Art und Weise der sozialen Kontakte. Die Sozialpsychologin Nelli Hakonnen von der Universität Helsinki wartet mit Erkenntnissen auf, die geradezu klischeehaft klingen: "Wir sind nicht so gesellig und gern allein", so die Wissenschafterin über das finnische Wesen. Dazu kommt die Erkenntnis, dass ein Finne dem anderen ohnehin ungern zu nahe kommt. "Wir halten die Menschen gerne einen Meter von uns entfernt, sonst fühlen wir uns unwohl", sagt Mika Salminen, Chef der finnischen Gesundheitsbehörde.
Zwar nicht körperlich rücken die Finnen zusammen. Aber der traditionell große gesellschaftliche Zusammenhalt, um ein gemeinsames, übergeordnetes Ziel zu erreichen, macht Finnland jetzt so erfolgreich, meinen Soziologen. Gerne wird die kollektive historische Erfahrung des finnisch-sowjetischen Kriegs im Winter 1939 ins Treffen geführt. Damals war es den unterlegenen Finnen durch Erfindungsreichtum und Entschlossenheit tatsächlich gelungen, der Roten Armee Paroli zu bieten.
Gesichert ist jedenfalls, dass die Finnen pragmatisch und flexibel an das Corona-Problem herangehen und die von der Regierung unter der sozialdemokratischen Premierministerin Sanna Marin geforderten Maßnahmen annehmen. Die 35-Jährige, bei Amtsantritt 2019 jüngste Regierungschefin der Welt, setzt auf eine offene, transparente Kommunikationsstrategie. Im März wurde ein strenger Lockdown beschlossen, auch der Großraum Helsinki abgeriegelt. Danach wurden die Maßnahmen wieder zurückgefahren. Testen, Isolieren und Kontaktverfolgung funktionieren vergleichsweise gut. Seit Ende Dezember wird gegen das Virus geimpft, das Pflegepersonal genießt Priorität gegenüber älteren Menschen. Finnlands Wissenschafter arbeiten derzeit sogar an einem eigenen Impfstoff, um Nerze und Dachshunde zu immunisieren.
Restaurantbesuche sind eingeschränkt oder nicht möglich, ebenso die Abhaltung von Versammlungen. Einen flächendeckenden, harten Lockdown gibt es aber nicht. In der Region Helsinki wird der Gebrauch von Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in der Schule für Personen über zwölf Jahren empfohlen. Ebenso wird Homeoffice und das Tragen von Masken am Arbeitsplatz angeraten. Private Zusammenkünfte mit mehr als zehn Personen sollen unterbleiben - auch das ist nur eine Empfehlung. Ältere Menschen sollen Besuche tunlichst nur im Freien empfangen. Sportliche Aktivitäten für Menschen unter 20 Jahren sind erlaubt, für ältere nicht. Öffentliche Saunas sind geschlossen.
Island mit Europas geringster Inzidenz
In Island haben sich bis dato rund 6.000 Menschen mit dem Virus infiziert, 29 sind daran gestorben. Die Sieben-Tages-Inzidenz, die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, beträgt aktuell rund sieben und ist damit so niedrig wie nirgendwo sonst in Europa. Am vergleichsweise stärksten betroffen ist Reykjavik.
Island hat bei der Pandemiebekämpfung große Vorteile auf seiner Seite. Die Insel im Nordatlantik hat nur 368.000 Einwohner und ist so isoliert, dass militärischen Streitkräfte nicht notwendig sind. Von der Regierung angeordnete Maßnahmen sind angesichts der zahlenmäßig geringen und homogenen Bevölkerung leicht umsetzbar.
Aus epidemologischer Sicht der Königsweg wäre, die Insel über Monate komplett abzuschotten. Das ist unmöglich, schon weil ein Gutteil der jüngeren isländischen Bevölkerung im Ausland arbeitet. Noch dazu hängt Islands Wirtschaft in hohem Ausmaß vom Tourismus ab. Der ist im Sommer beinahe vollständig zusammengebrochen. Im April 2019 waren mehr als 120.000 Reisende nach Island gekommen, im April 2020 waren es 924 Besucher. Jeder Ankommende am Flughafen Keflavik muss sich auf Corona testen lassen - die Regelung gilt vorerst bis zum 1. Mai - und danach fünf bis sechs Tage in Quarantäne. Dann folgt ein zweiter Test, der wie der erste gratis ist.
Die Isländer selbst müssen derzeit mit umfangreichen Einschränkungen leben, die maßgeblich vom Staatsepidemiologen Thorolfur Gudnason ausgearbeitet wurden. Sport in Hallen ist verboten, Theater und andere Veranstaltungsräume sind geschlossen, Versammlungen nicht erlaubt. Gudnason setzt parallel dazu auf Aufklärung und auf regional unterschiedliche, gezielte Maßnahmen.