Wifo und IHS senken ihre Wirtschaftsprognose für heuer. Die Aussichten sind trüb, aber nicht düster.
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Wien. Das starke Wachstum ist vorbei, zumindest vorerst. In ihren Jahresprognosen gehen das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) von einer deutlich schwächeren Konjunkturentwicklung als zuletzt angenommen aus. Das Wifo rechnet mit einem Wachstum von 1,7 Prozent, das IHS ist mit 1,5 Prozent etwas pessimistischer. Im Vorjahr lag das BIP-Wachstum noch bei 2,7 Prozent. Für 2020 ließ man die Prognosen mit plus 1,8 beziehungsweise plus 1,6 Prozent gleich.
"Im Vorjahr waren wir mit Vollgas auf der Autobahn unterwegs. Jetzt haben wir die Autobahn verlassen, aber wir sind noch immer ganz brav unterwegs", sagt Wifo-Chef Christoph Badelt bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Wifo und IHS. Sein Forschungskollege, IHS-Chef Martin Kocher, bevorzugt die Schiffsmetapher: "Das österreichische Konjunkturschiff steuert mit relativer Stabilität durch raues, nachbarstaatliches Gewässer." Ein leichter Aufwärtstrend könnte aber schon im Herbst kommen. Wirtschaftstreiber bleibt aus Sicht beider Institute der private Konsum. Er bleibt mit 1,7 Prozent plus (Wifo) beziehungsweise 1,6 Prozent (IHS) konstant. Dieser wird von den zuletzt unüblich hohen Lohnabschlüssen und dem neuen Familienbonus beflügelt.
Ganz anders sieht es beim Export aus. Nach einem Überschuss im Vorjahr wird sich dieser deutlich abschwächen. Import und Export sollten sich die Waage halten, so das IHS. Grund dafür ist vor allem das schwache Wachstum in Deutschland, das stark unter den Einbrüchen in der Autoindustrie leidet. Für Österreich ist Deutschland der wichtigste Handelspartner und zahlreiche heimische Zulieferbetriebe bekommen die Flaute in der Autobranche zu spüren. Das Wifo rechnet dennoch mit einem leichten Exportplus, das IHS nicht mehr.
Internationale Risiken
Auch die Industriekonjunktur befindet sich im Abschwung, erklärt Stefan Schiman vom Wifo. "Optimismus und Pessimismus halten sich in etwa die Waage." Die aktuelle Welthandelsflaute drücke auf die Stimmung in heimischen Industriebetrieben, werde sich im zweiten Halbjahr aber etwas erholen, glaubt das Wifo. Außerdem sehen beide Institute eine leichte Abschwächung gegenüber dem Vorjahr, das gilt auch für die Bauinvestitionen. Diese sollen heuer leicht zurückgehen, aber nicht so stark wie der Industriebereich.
Eine Reihe schwer berechenbarer, internationaler Risiken machte den Forschern in der diesjährigen Prognose zu schaffen. "Wir wissen nicht, welche Wendung der Brexit nehmen wird", sagte Kocher. Italien und die drohende Rezession dort könnten Österreichs Konjunktur weiter belasten. Und auch der Handelskrieg zwischen den USA und China und Donald Trumps Drohung mit Strafzöllen für EU-Erzeugnisse bleiben Unsicherheitsfaktoren.
Was die Arbeitslosigkeit angeht, zeigt sich das Wifo hier ebenfalls optimistischer als das IHS. Die Entspannung am Arbeitsmarkt dürfte heuer leicht weitergehen. Allerdings rechnet das IHS gegen Ende des Jahres wieder mit einem ganz leichten Anstieg. Der Jobzuwachs werde auf jeden Fall schwächer ausfallen als noch 2018, sind sich beide Institute einig.
Steuerreform leistbar
Trotz des moderaten Wachstums sehen sowohl Kocher als auch Badelt die geplante Steuerreform der Regierung nicht in Gefahr. Trotz sinkender Steuereineinnahmen, "gehe ich davon aus, dass die Reform auch aus dem Budgetüberschuss finanzierbar ist", erklärte Badelt. Für 2019 und 2020 geht das Wifo von einem gesamtstaatlichen Maastricht-Überschuss von 0,4 und 0,7 Prozent des BIP aus. Dass es beim IHS wie 2019 auch kommendes Jahr nur 0,2 Prozent sein sollen, liegt daran, dass hier bereits die angekündigte Beitragssenkung der Krankenversicherung in Höhe von 700 Millionen Euro eingerechnet ist.
Das berge aber die Gefahr, so Badelt, dass dann "notwendige Strukturreformen" nicht mehr durchgeführt und Entlastungen rein aus Überschüssen finanziert würden. Kocher plädierte für mehr Investitionen in den Bereichen Bildung, Digitalisierung und Forschung. Dort stecke sehr viel Wachstumspotenzial. Auf jeden Fall werden die Pflegekosten massiv steigen und es führe kein Weg an zusätzlichem öffentlichen Geld vorbei, sagten Kocher und Badelt.
Beide plädierten zudem neben einer spürbaren Entlastung des Faktors Arbeit auch für eine ökologische Komponente bei der geplanten Steuerreform aus. "Ökosteuern brauchen aber soziale Ausgleichsmaßnahmen", sagte Badelt, und dürften nicht zulasten ärmerer Schichten erfolgen. "Im Moment wird aber erkannt, dass nicht alle Wünsche erfüllt werden können", sagte Badelt angesprochen auf den Budgetspielraum des Finanzministers und der schwächeren Konjunktur.
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) mahnte jedenfalls ob des schwächeren Wachstums für heuer am Freitag alle Ressorts zur Budgetdisziplin. "Wir halten sowohl in diesem als auch in den Folgejahren an unseren Budgetzielen fest. Die nach unten revidierten Wachstumsaussichten erfordern jedoch eine strengere Hand im Budgetvollzug", so Löger.