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Konjunkturmotor und Klimaretter

Von Wolfgang Kradischnig

Gastkommentare

Drei Säulen für eine nachhaltige Bauwirtschaft.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Bauwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der größten Konjunkturmotoren in Österreich entwickelt, unter anderem weil an ihr viele weitere Branchen hängen. Die aktuelle Corona-Krise lässt diesen Motor zwar stottern, dennoch kommt der Bau bisher deutlich besser als andere Wirtschaftszweige durch die Einschränkungen der Pandemie. Richtig umgesetzt kann die Errichtung von Gebäuden nicht nur die Weichen für eine raschere Wirtschaftserholung vor- und nachgelagerter Branchen stellen, sondern nach wie vor als einer der größten Hebel zur Erreichung der Klimaziele wirken. Denn etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU entfallen auf die Baubranche, zudem etwa 50 Prozent aller Transporte, 35 Prozent aller Abfälle und 30 Prozent der CO2-Emissionen.

Die Art und Weise, wie wir heute bauen, hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere ressourcenmäßige und ökologische Zukunft. Daher wurde durch die Delta Gruppe bereits im Jahr 2011 die Interessengemeinschaft Lebenszyklus Bau mitbegründet und seitdem gemeinsam mit vielen anderen Branchenpartnern kontinuierlich ausgebaut. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, in der Immobilienbranche bei öffentlichen und privaten Bauherren mehr Bewusstsein für den Lebenszyklus zu schaffen - weg vom fokussierten Blick auf die Errichtung. Unter anderem sind folgende drei Säulen für einen smarten, nachhaltigen Bau ausschlaggebend.

Mobilität ganzheitlich
denken und Verzicht
aufs Auto ermöglichen

Es ist nicht allzu lange her, dass Mobilität im Zusammenhang mit Gebäudeentwicklung lediglich durch das ausreichende Schaffen von Stellplätzen Berücksichtigung fand. Mittlerweile hat sich das Mobilitätsverhalten geändert. Die Verfügbarkeit von Fahrradabstellplätzen und ein Mobilitätsangebot in der Nähe sind in den Fokus der Bewohner gerückt. Um den sich verändernden Klimabedingungen auch im sozialen Wohnbau gerecht zu werden, braucht es intelligente und leistbare Energiekonzepte. Die sommerliche Überhitzung spielt eine sehr große Rolle in der Gesamtkonzeption eines Gebäudes. Wer klimaneutral bauen will, baut dort, wo Bewohner auf das Auto verzichten können. Beispielsweise ist das Bauen auf der grünen Wiese deutlich weniger nachhaltig als ein Projekt im Zentrum, selbst wenn der Neubau in Passivhausqualität errichtet wird. Schließlich wird die Zersiedelung forciert, dazu kommen der Aufwand für die Bereitstellung von Infrastruktur und ein deutlich höherer Aufwand in puncto Mobilität.

Energieeffizienz
im Vorfeld planen

Energieeffizientes Bauen mit erneuerbarer Primärenergieversorgung bedeutet auf lange Sicht ökologisches und leistbares Wohnen. Ambitionierte Energiestandards im Neubau sind eine Investition und vermeiden Kosten in der Zukunft. Mittlerweile widerlegen mehrere Studien das Vorurteil, dass energieeffizientes Bauen teuer sei. Die geringen Mehrkosten bei der Errichtung werden im Lebenszyklus durch die reduzierten Energiekosten mehr als ausgeglichen. Es zählt, wo die Energie herkommt: Wir brauchen immer mehr Kälte, Wärme und Strom. Diese müssen wir aus erneuerbaren Quellen herstellen und die Gebäude von fossiler Energie und CO2-Emissionen entkoppeln. Dazu gehört, dass erneuerbare Energien nicht nur mit großem technischem Aufwand im Nachhinein aufgesetzt, sondern schon als Teil des Niedrig- oder Plusenergiegebäudes geplant werden. Das beginnt bereits bei der Ausrichtung des Gebäudes, um sowohl aktiv als auch passiv möglichst viel Solarenergie nutzen zu können.

Umorientierung
bei Baustoffen

Bei der Verwendung der Rohstoffe für den Bau sollte das Bewusstsein gestärkt werden, auf Verbundmaterialien zu verzichten und auf die spätere Trennbarkeit der Baumaterialien zu achten. Auch soll recyclebaren Stoffen der Vorzug gegeben werden. Ein möglicher Ansatz, um den Einsatz von Recyclingmaterial zu erhöhen, ist sogenanntes Urban Mining (Stadtschürfung). Dabei werden die Ressourcen moderner Städte genutzt, um eine effiziente Rückgewinnung von Materialien zu gewährleisten. Städte fungieren somit in diesem Konzept als Rohstofflagerstätten, deren bestehende Ressourcen aus Gebäuden und Infrastruktur weiterverwendet werden. Urban Mining ist vor allem aufgekommen, weil der EU klar geworden ist, dass Primärressourcen in Zukunft immer knapper und damit teurer werden. Die Bauökologie kommt aufgrund des Preisdrucks im geförderten Wohnbau derzeit noch zu kurz. Die Vorteile von ökologischen Baustoffen wie Holz resultieren jedoch nicht nur in kurzer Bauzeit und hohem Vorfertigungsgrad, sondern auch in einem gesünderen und verbesserten Raumklima.

Erst kürzlich wurde ein aktuelles Projekt der Delta Podsedensek Architekten ZT GmbH, das Buwog-Projekt "Kennedy Garden" in Wien, mit dem "Greenpass"-Zertifikat prämiert. Dieses zeichnet klimaresiliente Stadtplanung aus. Damit zeigen wir, dass nachhaltiges Wohnen im urbanen Raum attraktiv umsetzbar ist und setzen ein starkes Zeichen für künftige Projekte.