Am Mittwoch wird das Klimavolksbegehren im Umweltausschuss behandelt. Österreich soll demnach bis 2040 klimaneutral werden.
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Die mittlere Temperatur des Vorjahres war die höchste, die in der Europäischen Union je gemessen wurde. Das gesamte vergangene Jahrzehnt sei das wärmste gewesen, das es je gab, sagte Helga Kromp-Kolb, Professorin an der Boku und Vorsitzende des Climate Change Centre Austria, am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz zum Klimavolksbegehren. Die Ursache für diesen raschen Klimawandel ist der Treibhausgaseffekt - im Moment werden laut Kromp-Kolb doppelt so viele Treibhausgase produziert wie Boden, Pflanzen oder Ozeane aufnehmen können. Und die Konzentration steigt. Aufgrund des Coronavirus-bedingten Lockdowns aktuell zwar etwas weniger schnell, aber dennoch unaufhaltsam.
Dass Österreich bis 2040 klimaneutral wird, also sämtliche, produzierte Treibhausgase auch wieder aufgenommen werden, ist eine der Forderungen des Klimavolksbegehrens. Am Mittwoch wird dieses, das 380.590 Menschen mit ihrer Unterschrift unterstützt hatten, im Zuge des Umweltausschusses im Parlament zum zweiten Mal behandelt. Konkret sind Experten zu einem Hearing geladen. Nach diesem hofft Katharina Rogenhofer, Sprecherin des Klimavolksbegehrens, auf einen Mehrparteienantrag, "durch den unsere Forderungen umgesetzt werden". Grüne, SPÖ und Neos unterstützten das Volksbegehren nahezu vollinhaltlich, und auch die FPÖ sei dafür offen.
Budgetrahmen für Emissionen
"Jetzt geht es darum, dass die Regierungsparteien die Eckpfeiler für den Klimaschutz einschlagen", sagte Rogenhofer mit Blick auf das Klimaschutzgesetz, das nur die jährlichen Höchstmengen von Treibhausgasemissionen nach Sektoren für den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 festschreibt und daher novelliert werden müsse. Wie viel Österreich 2020 ausgestoßen hat, ist laut Umweltbundesamt noch nicht errechnet, und man geht zwar davon aus, dass die Emissionen aufgrund des Lockdowns gesunken sind - in den Jahren davor habe man die Zielwerte jedoch überschritten, heißt es auf Nachfrage.
Oder anders ausgedrückt: Soll Österreich bis 2040 klimaneutral werden, stehe noch ein Budgetrahmen von höchstens 400 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten zur Verfügung, präzisierte Kromp-Kolb. Zum Vergleich: Die jährlichen Treibhausgas-Emissionen lagen zuletzt bei rund 80 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (inklusive Emissionshandel) beziehungsweise 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (ohne Emissionshandel).
Nicht nur die Klimaneutralität 2040, sondern auch die Klimaziele von Paris, wonach die Erwärmung bis 2100 innerhalb der EU gegenüber 1880 unter zwei Grad Celsius gehalten werden muss, scheinen somit immer weniger erreichbar. Ein IPCC-Sonderbericht (Intergovernmental Panel on Climate Change) von 2018 setzt die Latte sogar noch tiefer und spricht von unter 1,5 Grad. Schon jetzt ist es in Österreich allerdings um fast zwei Grad wärmer als 1880.
Neue Krankheiten möglich
Die Krise betreffe aber nicht das Klima allein, ergänzte Hans-Peter Hutter, stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der Medizinischen Universität Wien, am Montag. "Je schlechter die Luftqualität, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bevölkerung anfälliger für Infektionskrankheiten ist", sagte er. Aufgrund der Klimaerwärmung könnten sich zudem Krankheiten in unseren Breiten ausbreiten, die bisher nur in wärmeren Gegenden vorhanden waren.
Um der Erwärmung entgegenzuwirken, werden im Volksbegehren neben der Klimaneutralität 2040 das Recht auf Klimaschutz in die Verfassung sowie eine ökosoziale Steuerreform gefordert. Subventionen wie das Dieselprivileg oder die fehlende Besteuerung im Flugverkehr sollen fallen. Stattdessen sollen die Einnahmen aus einer ökosozialen Steuerreform dazu verwendet werden, zum Beispiel Menschen mit geringem Einkommen durch einen Klimabonus zu entlasten. Eine unabhängige Instanz - etwa ein Klimarechnungshof - soll prüfen, ob gesetzte Maßnahmen prioritär dem Klimaschutz dienen.
Bleibt noch die Frage, wie das alles nach der Corona-Krise finanziert werden soll. "Durch Investitionen in den Klimaschutz schaffen wir eine zukunftsfähige Wirtschaft und erhalten die Landwirtschaft", meinte dazu Kromp-Kolb. Das sei somit im Sinne des "Wiederaufbaus" nach dem Lockdown.