Frankreich verlangt Kräfteausgleich bei internationalen Bankgeschäften.
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Paris. Der französische Finanzminister Michel Sapin hat scharfe Kritik an der Vorherrschaft des US-Dollars als Basiswährung für internationale Geschäfte geäußert. In einem Interview mit der britischen Zeitung "Financial Times" sagte er, der Fall von BNP Paribas zeige, dass es nötig sei, ein Gegengewicht zum Dollar zu schaffen.
Einer globalen Studie der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge, war der Dollar 2013 an 87 Prozent aller transnationalen Geschäfte beteiligt. Allen Diversifizierungsbemühungen zum Trotz halten sich die meisten Zentralbanken an den US Finanzmarkt. Für sie gibt es momentan keine wirkliche Alternative, die die gleiche Sicherheit für ihre Reserven bietet wie der Dollar. Für Nicht-US-Unternehmen hat das unter anderem den Nachteil, dass sie sich den Regeln der Amerikaner beugen müssen. Im Fall von BNP Paribas etwa ging es um Verstöße gegen Finanzsanktionen, die die Vereinigten Staaten gegen den Sudan, Iran und Kuba verhängt hatten. Ein US-Gericht hatte die französische Großbank daraufhin Ende Juni zu einer Rekordstrafzahlung von 8,9 Milliarden Dollar verurteilt.
Laut Sapin fürchten Frankreichs Banken sich gegenwärtig nicht vor weiteren Strafen, jedoch breite sich im europäischen Bankensektor durchaus Unruhe aus. "Ich denke, dieses Risiko wird eher von anderen sehr großen europäischen Banken wahrgenommen", sagt der Franzose und fordert, Europa müsse erkennen, dass es notwendig ist, bei internationalen Bankgeschäften auf "eine Vielzahl an Währungen" zurückzugreifen, um die Dominanz der USA auf diesem Gebiet auszugleichen. Sapins Vorstoß könnte bei europäischen Banken durchaus auf Zuspruch stoßen, stehen US-Kreisen zufolge doch auch die BNP-Rivalen Societe Generale und Credit Agricole, sowie die Deutsche Bank unter Verdacht, gegen amerikanische Finanzsanktionen verstoßen zu haben. Michel Sapin bezog sich - obwohl es momentan wohl die glaubwürdigste Alternative zum Dollar wäre - allerdings nicht ausschließlich auf den Euro. Im Gespräch mit der "Financial Times" sagte er, ein Kräfteausgleich sei auch für andere große Währungen aufstrebender Volkswirtschaften "möglich und erstrebenswert".
Länder, die gegenwärtig ein starkes Wirtschaftswachstum erleben, könnten davon profitieren, wenn künftig mehr Währungen an internationalen Tauschgeschäften teilhätten. Denn trotz ihres wirtschaftlichen Wachstums steigt ihre Relevanz für die internationale Währungspolitik kaum.
Euro ist stark genug
Für Friedrich Mostböck, Leiter der Researchabteilung der Ersten Group, ist es schon lange an der Zeit, dass der Dollar ein Gegengewicht bekommt: "Ich halte Sapins Vorschlag schon rein aus Diversifizierungsgründen für eine gute Idee. Es hätte schon längst eine Ablöse des Dollars geben sollen, die Europäer sind bisher nur zu wenig selbstbewusst aufgetreten." Mostböck sieht im Euro die geeignetste Alternative zum Dollar, immerhin sei die Lage in den USA, rein konjunkturell betrachtet, auch "nicht berauschend" und die Gesamtverschuldung sei sogar noch höher als die der Eurozone. "Man muss sich vorstellen, dass große Rohstoffe wie Öl und Gold ausschließlich in Dollar gehandelt werden. Das ist sicher nicht notwendig", so Mostböck. Es gäbe ohnehin allerlei infrage zu stellen, wie etwa warum es hauptsächlich amerikanische Ratingagenturen gibt und auch bei diesem Thema "die Meinung nur aus einer Richtung" komme.
Natürlich habe die Eurozone auch ihre Probleme, das größte davon, dass sie auf 18 souveränen Staaten mit jeweils eigener Fiskalpolitik beruht. "Zwar haben wir mit der Europäischen Zentralbank (EZB) genau wie die Amerikaner nur eine Leitzinspolitik, doch die einzelnen Staaten sind angreifbar." Auch, dass jedes der 18 Länder der Eurozone seine eigenen Staatsanleihen besitze, mache die Sache nicht einfacher, denn im Vergleich dazu haben die USA den Vorteil, dass sie nur eine große Anleihe haben, was sie liquider macht. Doch Mostböck ist zuversichtlich: "Der Euro ist eine starke Währung, die den Vergleich mit Amerika, was Verschuldung aber auch wirtschaftliche Kraft angeht, nicht scheuen muss." Nebenbei sei der Euro als Banknote viel schwerer zu fälschen, was ihn als weltweites Handelsobjekt attraktiver als den Dollar mache, der im Vergleich dazu "nur ein Blatt Papier" sei. Zusätzlich, so Mostböck, beweise die Tatsache, dass seit Beginn der Krise weitere fünf Staaten der Eurozone beigetreten sind, ein großes Vertrauen in die Währung.
Michel Sapin will seinen Vorschlag, sich vom US-Dollar zu distanzieren, auf dem Treffen der EU-Finanzminister am Dienstag zum Thema machen. Ob er dabei erfolgreich sein wird, sei schwer zu sagen. Immerhin find der meiste Handel momentan in Dollar statt und es gelte vor allem die Märkte zu überzeugen, so Fritz Mostböck.