Neues Insolvenzrecht soll im Herbst in Begutachtung gehen. | Wer die Kosten für das Verfahren trägt, ist noch ungeklärt. | Wien. Krumme Geschäfte und Sozialversicherungsbetrug könnten bald leichter auffliegen, wenn ein Unternehmen hierzulande in Konkurs geht. Denn in der Arbeitsgruppe zur Insolvenzrechtsreform gibt es Überlegungen, Konkursverfahren auch dann zuzulassen, wenn nicht genug Vermögen da ist, um die Anlaufkosten des Verfahrens zu decken.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bis jetzt wird in solchen Fällen - außer es wird ein Kostenvorschuss von bis zu 4000 Euro geleistet - der Konkursantrag mangels Masse abgewiesen. Die Konsequenz: Die Gläubiger schauen durch die Finger, die Firma muss aus dem Firmenbuch gelöscht werden und existiert - zumindest theoretisch - nicht mehr.
Windige Unternehmen
Was für einige Firmen ein Horror-Szenario ist, kommt anderen gerade recht: Unternehmer, die in der Vergangenheit krumme Geschäfte gedreht oder die Sozialversicherung um Beiträge geprellt haben, profitieren letztlich von der Konkursabweisung. Denn dann überprüft in der Regel niemand mehr die Unternehmensvorgänge - schließlich verschwindet die Firma ohnehin.
Wird nun künftig einem Konkursantrag selbst dann stattgegeben, wenn - zumindest vordergründig - kein Vermögen vorhanden ist, eröffnet das neue Prüfmöglichkeiten. "Man kann somit eventuelle Malversationen aufdecken und den Unternehmer zur Haftung ziehen", erläutert Artur Schuschnigg von der Wirtschaftskammer Österreich (WKO).
Der WKO-Experte ist überzeugt, dass das eine abschreckende Wirkung auf Unternehmer haben werde, "wenn man weiß, dass man das Geschäft nicht einfach abdrehen kann". Ungeklärt ist jedoch noch die Frage, wer für die Kosten aufkommt, die für die Eröffnung des Konkursverfahrens anfallen. Eine Möglichkeit wäre, die Gesellschafter haftbar zu machen. Eine andere Alternative ist, den Staat dafür zahlen zu lassen.
Sanieren statt ruinieren
Für Unternehmer, die keine Leichen im Keller haben, dürfte das neue Insolvenzverfahren eine Reihe von Vorteilen bringen. Insbesondere soll die Fortführung von angeschlagenen Firmen erleichtert werden. "Sanieren statt ruinieren" lautet das Motto.
Dazu wird das Ausgleichsverfahren in ein Sanierungsverfahren umgewandelt. Die Schuldenquote, die das insolvente Unternehmen zurückzahlen muss, soll von bisher 40 Prozent auf 30 Prozent gesenkt werden. Damit ist sie immer noch höher und für die Gläubiger günstiger als die 20-prozentige Quote im Zwangsausgleich, bei dem es sich um ein Konkursverfahren handelt.
Doch auch der Zwangsausgleich soll gefördert werden. Wird er ordentlich vorbereitet, bekommt der Unternehmer laut Schuschnigg "ein Goodie": Er darf das Unternehmen unter Aufsicht weiterführen und muss die Geschäftsführung nicht an den Masseverwalter abgeben. So werden Anreize geschaffen, damit angeschlagene Unternehmer früher zum Konkursgericht gehen und sich schneller um die Sanierung kümmern.
Notwendig wäre dies, wie ein Blick auf die Firmenpleiten im ersten Quartal 2009 zeigt. Laut Kreditschutzverband gab es mit 949 eröffneten Insolvenzverfahren um 27 Prozent mehr als im ersten Quartal 2008. Die Gesamtzahl aller Pleiten, also inklusive mangels Masse abgewiesener Konkurse, stieg immer noch um beachtliche 17 Prozent auf 1685.
Mit einem Gesetzesentwurf ist schon bald zu rechnen, heißt es aus dem Justizministerium. "Es ist realistisch, dass man im Herbst in Begutachtung geht."