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Zugegeben, die ÖVP ist ein kompliziertes Konstrukt und hat seit einiger Zeit die sprichwörtliche Seuche am Fuß. Das allein reicht jedoch nicht wirklich als Entschuldigung für das Theater, das die altehrwürdige Volkspartei dem interessierten Publikum dieser Tage bietet.
Dank der Vergesslichkeit der Wähler und der Schnelllebigkeit der Medienlandschaft dürfen sich Politiker und Parteien vieles erlauben, ziemlich sicher sogar zu viel, bis dass der Bannstrahl allgemeiner Ächtung sie erfasst. Nur eines sollten Politiker wie Parteien tunlichst vermeiden: sich vor aller Augen lächerlich zu machen. Und das ist spätestens dann der Fall, wenn beim politischen Gegner Mitleid mit dem ungeliebten Konkurrenten die Schadenfreude ablöst.
Die Volkspartei ist auf dem besten Weg dazu, diese eherne Regel zu brechen.
Das ist kein Plädoyer dafür, bestehende Unstimmigkeiten über die strategische Ausrichtung in einer Partei unter den Teppich zu kehren. Worüber sonst sollte hier gestritten und gerungen werden, wenn nicht um Macht, Inhalte und natürlich auch Posten?
Es geht um das Wie.
Auch das heißt wiederum nicht, dass alles offen ehrlich und, wenn man so will, in aller Freundschaft ausgestritten wird. Wenn es um Politik geht, stehen die Chancen nun einmal ziemlich gut, dass mitunter auch auf die niedrigsten Instinkte zurückgegriffen werden muss, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Von daher ist der Politik Fortschritt in moralischen Dimensionen wesensfremd.
Das alles wissen die Öffentlichkeit wie die einzelnen Bürger, wenn sie es denn unbedingt wissen wollen. Und sie akzeptieren es nolens volens, wenn es mit einem Mindestmaß an Professionalität über die Bühne geht. Mit anderen Worten: Man muss schon können, wenn man denn will. Wer allerdings nicht kann und dennoch unbedingt will, der entledigt sich nach innen wie nach außen aller Kleider, die bekanntlich den Anschein von Souveränität und Legitimität vermitteln. In exakt diese Situation hat sich die ÖVP manövriert.
Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe waren in der Volkspartei noch alle auf ihrem Platz vom Vortag. Viel spricht dafür, dass dies auch morgen so sein wird. Dass man sich schon übermorgen diesbezüglich nicht sicher sein kann, ist das Armutszeugnis der Volkspartei.