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Können Regierungen den Cyber-Bürgerkrieg gewinnen?

Von Georg Friesenbichler

Politik

Widerstand gegen wachsenden Druck der US-Regierung. | Genf. Eigentlich soll der IT-Gipfel von deutschen Spitzenpolitikern und Telekom-Riesen, der am heutigen Dienstag in Dresden stattfindet, vordringlich der Modernisierung des Datenschutzes dienen, der Privatpersonen betrifft. Mit Blick auf soziale Netzwerke wie Facebook will Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Einwilligungs- und Widerspruchsrechte, also die Rechte des Einzelnen an den ihn betreffenden Daten, gesetzlich verankern.


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Bundeskanzlerin Angela Merkel bringt aber auch die umstrittene Enthüllungsplattform Wikileaks ins Spiel und mahnt zu mehr Datensicherheit: Für die Arbeit der Staaten, der Behörden und der Gerichte müssten vertrauliche Informationen vertraulich bleiben.

Das entspricht der Position vieler Regierungen. Für viele Internet-Nutzer gehört der freie Datenfluss im World Wide Web allerdings zu den Grundfesten des Netzes. Und sie wehren sich gegen Zensurbestrebungen, die vor allem die USA als Hauptbetroffene vorantreiben wollen.

So warnt etwa der US-Botschafter in Bern die Schweiz davor, dem führenden Wikileaks-Kopf Julian Assange Asyl zu gewähren. Die Schweiz werde sehr sorgfältig überlegen müssen, ob sie jemandem, der vor der Justiz flüchtet, Unterschlupf gewähren möchte, sagt Donald S. Beyer unter Hinweis auf den Vergewaltigungsvorwurf gegen Assange. Angeblich erwägt der Wikileaks-Gründer, in der Schweiz um politisches Asyl anzusuchen. Er wurde in der spanischen Zeitung "El Pais" mit den Worten zitiert, er habe "Hunderte von Todesdrohungen" erhalten. Einige beträfen auch seine Kinder und Anwälte.

Nicht nur auf Assange, sondern auch gegen die Veröffentlichungen von Geheimpapieren auf der Plattform erhöhen die USA den Druck. Zunächst nahm der US-Konzern Amazon das Enthüllungsportal von seinen Servern, der Bezahldienst Paypal, eine Tochter der Verkaufsplattform eBay, sperrte wegen "illegaler Aktivitäten" ein Kundenkonto, auf dem Spenden für Wikileaks gesammelt wurden.

Ausweichen auf Spiegel

Die US-Firma Every-DNS.net, die die Adresse wikileaks.org bis vor kurzem verwaltet hat, begründete die Kündigung ihres Vertrags mit massiven Hackerangriffen. Das gemahnt an die Cyber-Attacken, gegen die die Nato künftig kämpfen will. Internet-Experten bezeichnen die Argumentation des Unternehmens freilich als Ausrede.

Trotz der Abschaltungen kann aber Wikileaks bestenfalls nur ein paar Stunden behindert werden. EveryDNS hatte auch die Adresse wikileaks.ch blockiert, diese wurde aber rasch von der Schweizer Piratenpartei übernommen. Die Partei teilte mit, es würden pro Sekunde rund 3000 Besucher auf die Wikileaks-Seite zugreifen. Und bis Sonntag wurden bereits mehr als 200 andere Adressen der Enthüllungsplattform eingerichtet. Diese "mirrors" (Spiegelungen), die auf unterschiedlichen Servern in verschiedenen Ländern platziert sind, ermöglichen es, dass der Inhalt selbst dann im Internet bleibt, wenn die offizielle Wikileaks-Seite geschlossen werden sollte.

"Selbst wenn man den Server in Schweden abschaltet, ist es zu spät", erklärte der Vizepräsident der Schweizer Piratenpartei, Pascal Goor, gegenüber der Nachrichtenagentur AP. "Es gibt jetzt schon Hunderte von Wikileaks-Spiegeln." Goor sprach von einem Testfall für Zensur im Internet. "Können Regierungen etwas vom Netz nehmen? Ich denke nicht. Überall sind Kopien der Webseite." Für Sympathisanten von Wikileaks ist es relativ einfach, den Inhalt auf ihren eigenen Servern zu spiegeln.

Statt der Cyber-Wars, bei denen staatliche Institutionen Ziel von Hacker-Angriffen werden, scheint sich nun im Netz ein Cyber-Bürgerkrieg zu entwickeln - zwischen Regierungsinteressen und Anhängern des freien Informationsflusses. Zweitere wehren sich auch noch auf andere Weise gegen die Zensur. Gegen den Bezahlservice Paypal hagelt es Boykottaufrufe. Das Unternehmen hat die Kommentare auf seiner Webseite mittlerweile abgeschaltet.