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"Auslandseinsätze Eckpunkt neuer Sicherheitsagenda." | Plädoyer für Spezialisierung und Kooperation. | "Wiener Zeitung": Zumindest zwischen den beiden Regierungsparteien besteht Konsens, dass Österreich eine neue Sicherheitsdoktrin bekommen soll. Was soll, geht es nach Ihnen und der ÖVP, da drinnen stehen? | Michael Spindelegger: Was wir brauchen, ist ein Planungsdokument für unsere künftige Sicherheitsagenda. Ich würde das neue Konzept daher nicht mehr Doktrin nennen, weil schon allein das einen starren Charakter vermittelt.
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Wesentlich ist dabei, alle befassten Bereiche und Ministerien miteinander zu verknüpfen und zu vernetzen. Das geht weit über den militärischen Bereich hinaus und umfasst auch zivile wie polizeiliche Maßnahmen. Das wird künftig noch viel wichtiger werden. Die eigentlichen Verhandlungen sollten jedoch im Parlament stattfinden.
Unerlässlich für eine neue Sicherheitsdoktrin ist, dass Österreich seine Interessen formuliert: Welche Rolle soll, muss das Land in Europa, in der Welt einnehmen?
Für mich als Außenminister liegt das klar auf der Hand: Wir verfolgen eine Politik als Drehscheibe für den Frieden. Das kann man nicht nur proklamieren, dazu muss man auch selbst etwas tun. Deshalb sind Auslandseinsätze absolut notwendig und eine Frage unserer internationalen Glaubwürdigkeit.
Kleine Länder müssen sich spezialisieren, auf welche Aufgaben soll sich Österreich konzentrieren?
Wir müssen uns ganz sicher nicht nur auf logistische Hilfsleistungen beschränken. Wir haben bewiesen, dass wir wissen, wie man Konfliktparteien trennt und neue Ausbrüche vermeidet. Grundsätzlich können wir bei Auslandseinsätzen ein breites Spektrum anbieten, ganz einfach, weil wir schon vieles gemacht haben. Das geht von reinem Beobachten bis hin zu Sicherungseinsätzen. Am Ende wird unser Einsatzprofil davon abhängen, über welche Ausrüstung und Ausbildung unsere Soldaten verfügen, das liegt jedoch in der Verantwortung von Verteidigungsminister Darabos. Persönlich bin ich überzeugt, dass wir uns hier einiges zutrauen können und sollten.
Militärische Spezialisierung heißt auch, Aufgaben abzugeben bzw. gemeinsam zu bewältigen. Sollen diese Fragen Teil der neuen Sicherheitsdoktrin werden?
Ich würde mir das zumindest wünschen. Für mich ist das Teil eines Planungsdokuments: Wo will ich selbst aktiv sein, mit wem kooperiere ich in welchen Bereichen?
Wer soll - außer dem Parlament - über künftige Auslandseinsätze entscheiden: Ist ein UNO-Mandat Pflicht oder reicht auch ein Beschluss der EU?
Nach der Verfassung reicht es, wenn die EU einen gemeinsamen Beschluss fasst, ein UNO-Mandat wäre darüber hinaus natürlich wünschenswert.
Was, wenn die SPÖ auf einer UNO-Mandatierung beharrt?
Die Frage UNO- oder EU-Mandat sollte man ideologisch entkrampfen. Ich sehe keinen Bedarf, die geltenden Verfassungsbestimmungen, die unter Kanzler Klima geschaffen wurden, zu ändern.
Wie soll sich das Verhältnis Österreichs zur Nato entwickeln? Wir sind Mitglied der Partnerschaft für den Frieden, aus der SPÖ kommt der Vorwurf, die aktuelle Doktrin sei zu Nato-affin.
Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Wir arbeiten mit der Nato eng zusammen, deshalb sollte man jetzt nicht so tun, als sei eine solche Kooperation für uns ausgeschlossen. Ein Beitritt zum Bündnis steht jedoch nicht auf der Tagesordnung. Wichtiger als das ist aber die Frage, wohin wollen wir uns weiter entwickeln - am Westbalkan, in der erweiterten Nachbarschaft im Osten?
Wie einsatzfähig ist das Bundesheer angesichts der massiven Sparmaßnahmen?
Das ist Sache des Verteidigungsministers. Hier maße ich mir kein Urteil an.
Braucht Österreich noch eine umfassende militärische Landesverteidigung?
Das ist ein Kernpunkt, über den man nachdenken muss. Ich glaube, dass Auslandseinsätze und Katastrophenschutz unbestritten sind, was aber militärische Landesverteidigung jetzt und in Zukunft bedeutet, ist eine wesentliche Frage. Hier kommen ja neue Formen von Bedrohungen hinzu, Cyber-Kriminalität oder Terrorismus, auf die wir Antworten geben müssen.
Für viele Experten stellt sich die Frage der Landesverteidigung nicht, weil wir sie uns ohnehin nicht leisten können bzw. wollen. Damit würden auch etliche Waffengattungen wegfallen. Ist das für Sie ein gangbarer Weg?
Die Neudefinition von Landesverteidigung ist ein schmerzlicher Prozess, weil damit ein Abschied von alten Überzeugungen mit einher geht. Wir brauchen aber Klarheit in dieser Frage. Das wäre auch für das Bundesheer und seine Soldaten ein Motivationsfaktor.
Wo bleibt bei dieser ganzen Debatte die Neutralität?
Schon die jetzige Sicherheitsdoktrin beruht auf der Neutralität, wie sie sich jetzt darstellt - solidarisch in Europa, neutral bei Kriegen außerhalb. Daran wird sich auch nichts ändern.