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Premier strebt Neuwahlen an. | Säuberungswelle in Ministerien. | Prag. Ohne Aussicht auf Erfolg wird die konservative Regierung des Mirek Topolánek heute Mittwoch im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Sicher sind dem Vorsitzenden der Bürgerpartei (ODS) nur 97 der 200 Stimmen im Abgeordnetenhaus. Neben den 81 ODS-Abgeordneten haben sechs grüne sowie zehn der 13 christdemokratischen Parlamentarier der Topolánek-Regierung bereits im Vorfeld er Abstimmung ihre Unterstützung erklärt. Drei Christdemokraten, unter ihnen der ehemalige Vorsitzende Miroslav Kalousek, werden während der Stimmabgabe den Saal verlassen. Gegen Topolánek votieren werden auf jeden Fall die insgesamt 100 Abgeordneten der Sozialdemokraten (CSSD) und die Kommunisten (KSCM).
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#"Wie Neil Armstrong"
Wie es weitergeht, wird dann Präsident Václav Klaus entscheiden. Allem Anschein nach rechnet die Regierung Topolánek damit, ihren eigenen Rücktritt zu überleben. "Ich kann mir die Variante vorstellen, dass Präsident Klaus mich nach der Demission erneut beauftragen wird," spekuliert der ODS-Politiker. Mit derselben Mannschaft würde er dann erneut das Parlament um sein Vertrauen bitten. Damit würde er zwar erneut scheitern, wäre aber, auf seinem Gang durch die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, einen Schritt näher den Neuwahlen. Diese würden, so die Umfragen, die ODS bequem für sich entscheiden.
Neuwahlen sind auch der springende Punkt in Topoláneks Regierungserklärung. Das Kabinett habe sein Mandat auf neun Monate begrenzt, heißt es da. Denn die Aufgabe der Regierung sei es, das Land auf vorgezogene Wahlen hinzuführen, was "die einzige Möglichkeit" sei, Tschechien Stabilität zurückzugeben. Trotz begrenzten Mandats wolle die Regierung aber ihre Spuren hinterlassen, erklärte der Premier, als er vor einem Monat von Präsident Klaus zum Ministerpräsidenten ernannt wurden. "Ungefähr so wie Neil Armstrong", meinte Topolánek. Der sei ja auch nur kurz auf dem Mond gewesen, seine Spuren seien dennoch unauswischbar, sagte er.
Welche Spuren genau Topolánek im Sand der tschechischen Geschichte hinterlassen wird, bleibt abzusehen. Für eine Regierung ohne eigentliches Mandat hat die Truppe um den ODS-Vorsitzenden im vergangenen Monat sicher hart durchgegriffen. Von Säuberungen wird geredet, nicht nur in den Ministerien. So mussten der Chef des tschechischen Verfassungsschutzes BIS genauso von der einen auf die andere Stunde den Hut nehmen, wie der Intendant des ehrwürdigen Nationaltheaters.