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Konsolidierung der dezentralen Bankensektoren?

Von Holger Blisse

Gastkommentare
Holger Blisse ist Wirtschafts- und Sozialanalytiker und unter anderem auf kreditwirtschaftliche, genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert.
© privat

Der gemeinsame Bankprüferverband könnte nur ein erster vereinheitlichender Schritt sein.


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In Österreich arbeiten mehr als 500 Kreditinstitute an mehr als 3.400 Filialstandorten. Der größte Anteil entfällt auf die drei dezentralen Bankensektoren: Raiffeisen (352 Institute und 1.351 Filialen), Sparkassen (49 und 782) und Volksbanken (9 und 238). Deren Interessenvertretungen haben Anfang Dezember den Verband der dezentralen Bankprüferverbände Österreichs gegründet. Die Idee reiche, so Michael Laminger, Generalrevisor des Österreichischen Raiffeisenverbandes, in einem Interview mit der "Raiffeisenzeitung" (16. Dezember), ein Jahr zurück und hänge mit der Abschlussprüferregulierung zusammen. Schwerpunkte der Arbeit des Verbandes sollen in der Aus- und Weiterbildung von Bankprüfern und der Interessenvertretung im Prüfungs- und Rechnungswesen liegen.

Kooperation und fachlicher Austausch sind auch im Hinblick auf die - zwar von der Zahl her eher seltenen, aber vom Volumen her oft beträchtlichen - Einlagensicherungsfälle zu begrüßen. Dennoch besteht Anlass anzunehmen, dass dies nur ein erster vereinheitlichender Schritt sein könnte. Gedanken einer Annäherung von gemeinwohlorientierten Sparkassen und mitgliederfördernden Kreditgenossenschaften gab es immer wieder auch im Ausland. In Frankreich bilden Volksbanken und Sparkassen eine Einheit. Doch der Schwerpunkt der Sparkassen lag auf der sicheren und verzinslichen Anlage von Spareinlagen zur Finanzierung des kommunalen Kreditbedarfs, während Kreditgenossenschaften ihren Mitgliedern günstige Kredite auf Basis von deren Einlagen sowie von Dritten boten. Schon länger wird bezweifelt, dass es diese originären Unterschiede noch gebe beziehungsweise sie erforderlich seien.

Ob eine gemeinsame Prüfungsabstimmung die Zunahme von Risiken im Falle der Annäherung unterschiedlich ausgerichteter Institute auszugleichen vermag? Die Zusammensetzung des Verbandspräsidiums wird nicht zufällig sein: Präsident Gerhard Margetich ist Vorstandsvorsitzender des Sparkassenprüfungsverbandes, sein Stellvertreter Robert Makowitz ist Vorstandsmitglied im Österreichischen Genossenschaftsverband, hat jedoch zuvor beim Raiffeisenverband Salzburg gearbeitet. Gemeinwohlorientierte Sparkassen, aber auch Volksbanken sind zu einem guten Teil schon als AG organisiert. Sie könnten leicht in Richtung einer gemeinwohlorientierten Regionalbank-AG entwickelt werden. Die genossenschaftlichen Volksbanken behielten einstweilen ihre Rechtsform und mitgliederorientierte Ausrichtung ebenso wie die Raiffeisenbanken, solange der Sektor mit Raiffeisenbanken, Raiffeisen-Landesbanken und Raiffeisen Bank International AG dreistufig organisiert wäre.

Es darf angezweifelt werden, ob die bestehende Eigentumsordnung derartige Entwicklungen deckt. Doch Gesetze sind ebenso veränderlich wie wirtschaftliche Entwicklung. Das weiß man im Volksbankensektor spätestens seit der Übernahme der Investkredit Bank (2005). Zumindest braucht es einen gewissen Vertrauensschutz geltenden Rechts. Ganz nebenbei bliebe mit einem differenzierten Bankensystem eine Alternative zum Kapitalmarkt bei Finanzierung und Geldanlage erhalten.