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Konsulat für Österreichs Bergleute

Von Rudolf Agstner

Politik

Das Grubenunglück von Lassing hat den österreichischen Bergbau wieder ins Bewußtsein gerückt. Früher wanderten aus der Monarchie zahlreiche Bergarbeiter in der Hoffnung auf gute Bezahlung in | die Kohlengebiete der USA aus. Zu deren Betreuung und Schutz vor Übervorteilung wurden · an heute vergessenen Orten · k. u. k. Konsularämter errichtet, so in Hazleton, Luzerne County, Pennsylvania.


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1895 legte Gesandter Hengelmüller in Washington dem Außenministerium in Wien eine mit 697 Unterschriften versehene Eingabe "in und um Hazelton, Pennsylvania, wohnhafter ungarischer

Staatsangehöriger..." vor, "mittelst derer dieselben um die Errichtung eines k.u.k. Vizekonsulats in Hazleton und die Ernennung eines gewissen Johann Nemeth auf diesen Posten bittlich werden. H...

ist ein Ort von 12.000 Einwohnern und bildet ähnlich wie Wilkes-Barre und Scranton einen lokalen Mittelpunkt für die Arbeiter der Kohlenminen Nordost-Pennsylvaniens..." Der erwähnte Nemeth war "vor

vielen Jahren aus Ungarn nach H. gekommen, und hat dort anfangs als Commis, später als selbständiger Geschäftsmann ein hübsches Vermögen zusammengebracht"; der Gesandte bezweifelte aber, ob er fähig

sei, den Posten eines Konsularagenten auszufüllen. Vorerst schien Hengelmüller die Abhaltung periodischer Amtstage in Hazelton durch das neue effektive Vizekonsulat Philadelphia ausreichend.

Im Mai 1896 bereiste Vizekonsul Wein von Philadelphia aus Pennsylvanien. "Die österreichischen und ungarischen Auswanderer sind größtenteils nordungarische Slowaken und Ruthenen und Polen aus

Galizien, die vermöge ihrer relativ niedrigen Bildungsstufe, in den nur wenig Rechtsschutz bietenden Vereinigten Staaten Nordamerikas von allem Anfang an Ausbeutungen und Irreführungen jeder Art in

sehr hohem Maße ausgesetzt waren... Die geeignetsten Mittel, die österreichischen und namentlich ungarischen Auswanderer eines intensiven Konsularschutzes teilhaftig werden zu lassen und auf

dieselben moralischen Einfluß zu gewinnen wäre daher, verläßliche, gut gesinnte Persönlichkeiten, die in dem Kolonisationsgebiete selbst leben und das Vertrauen ihrer Landsleute besitzen, zu k.u.k.

Konsularagenten zu ernennen", berichtete Wein. In Hazelton hatte er schon den geeigneten Kandidaten: Julius Nemeth. Wie dringend die Sache war, zeigte sich 1897, als am 10. Juli 700 streikende

Arbeiter der Kohlengruben von Lattimer bei Hazleton zu ihrem Arbeitgeber, der C. Pradee Company zogen, um Lohnerhöhungen zu erzwingen. Bei Zusammenstößen mit dem lokalen Sheriff wurden u.a. zehn

Österreicher bzw. Ungarn getötet und elf verletzt. Der Sheriff wurde später freigesprochen, eine Entschädigung für die getöteten bzw. verletzten Österreicher und Ungarn wurde nicht geleistet.

Nachdem sich Johann Nemeth "bei den Massacres in Latimer... dem k.u.k. Konsulat in Philadelphia nützlich" gemacht hatte und er vom Ministerium des Äußern für seine "geleisteten, wertvollen Dienste

belobt" worden war, stand seiner Ernennung am 18. April 1898 nichts mehr im Wege.

Eine der wichtigsten Aufgaben des neuen Amtes bestand "in der Bekämpfung und Verdrängung jener hierländischen Vereinigungen, welche die im Konsulatssprengel wohnhaften Österreicher und Ungarn

notorisch ausbeuten und irreführen"; gegen die "panslawische Agitation" unter den vorwiegend slowakischen Minenarbeitern bediente man sich eines in Hazelton erscheinenden slowakischen Blattes. Das

k.u.k. Amt in dem kleinen Hazelton stand und fiel mit Johann Nemeth; in dem wesentlich größeren Scranton (75.000 Einwohner) oder Wilkes-Barre (37.000) wurde keine Agentie errichtet, da dort kein

geeigneter Kandidat für den Posten gefunden werden konnte. Als Nemeth am 30. Januar 1902 um Niederlegung des Amtes aus Gesundheitsgründen ersuchte, warnte der k.u.k. Konsul Ostheimer in Philadelphia

"daß man sich auf eine längere Vakanz des Postens... gefaßt machen muß. Diese aber wird die Geschäfte (des Konsulats Philadelphia) verdreifachen, da nicht übersehen werden kann, daß die weitaus

überwiegende Mehrzahl unserer Immigranten des Konsularbezirkes...in der Kohlenminencolonie des Hazletoner Sprengels ansässig ist..." Im Mai 1902 wurden Archiv und Amtsbehelfe der Konsularagentie in

Hazelton vom Konsulat Philadelphia übernommen. Bis auf weiteres behalf man sich mit der Abhaltung von Amtstagen in Hazelton einmal monatlich.

Im Februar 1906 verwies Konsul Theodorovich in Philadelphia auf die Dringlichkeit der Aktivierung der Expositur in Hazelton hin. Die Sache war dringlich, da am 1. April ein größerer Arbeitsausstand

im Anthrazitkohlengebiet erwartet wurde. "Bricht aber der Strike aus, könnte dieses Amt ein Organ in Hazleton nicht entbehren, denn in diesem Falle sind Ausschreitungen mit einiger Gewißheit zu

gewärtigen..." Eingedenk der Lattimer Ereignisse des Jahres 1897" wollte der Konsul in Philadelphia "nichts versäumt haben, um Ausschreitungen nach Möglichkeit vorzubeugen..."

In den nächsten drei Jahren geschah jedoch nichts. Erst am 16. Februar 1909 wurde die "Expositur des k.u.k. österr.-ungar. Konsulats Philadelphia in Hazelton, Pennsylvania" durch Ernennung von Emil

Neumann wiedererrichtet · diesmal als effektives, das heißt von einem Beamten geleitetes, Amt. Die Expositur nahm am 1.Mai 1909 den Dienstbetrieb auf; die Amtssprachen waren deutsch, ungarisch und

slowakisch.

Vom 16. März bis 23. Juni 1911 wurde Konsul Hermann Ritter von Ploennies vom Ministerium des Äußern "zum Studium der Auswanderungsverhältnisse nach Amerika und nach Kanada entsendet". Er besuchte

verschiedene Konsularämter, darunter das in Hazleton: "Während unserer Anwesenheit zeigte sich keine Partei, obwohl in H. ... zahlreiche österreichische und ungarische Staatsangehörige leben."

Ploennies stellte daher die Überlegung an, die Expositur nach Wilkes-Barre zu verlegen.

Der Vorschlag wurde aufgegriffen und von Konsul Grivicic in Philadelphia unterstützt. Am 27. Januar 1912 würde die Konsularexpositur in Hazleton aufgelassen und das Amt am selben Tage nach Wilkes-

Barre übersiedelt.