Preisschlachten, Konkurrenzkampf, Lieferantendruck, Arbeitszeiten- und Gehaltsdebatten - der heimische Handel kommt aus den negativen Schlagzeilen nicht heraus. Gestern präsentierten sich Vertreter großer Handelsketten in - fast - trauter Einigkeit. Man wolle etwas für die "Zukunft" machen, lautete der Tenor der Pressekonferenz, in der die Werbeoffensive "Nachhaltige Wochen" präsentiert wurde.
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"Der Handel versucht, zum umweltfreundlichen Handeln anzuregen", erklärte Erich Lemler, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Ab heute wirbt der Handel in Kooperation mit dem Lebensministerium, dem Wirtschaftsministerium und der WKÖ einen Monat lang verstärkt für "nachhaltige" Lebensmittel, "Bio"- und "Fair Trade"-Produkte sowie für Waren, die laut Pressetext "zumindest den Qualitätsstandard des Gütesiegels der Agrarmarkt Austria (AMA) aufweisen". Es handelt sich um eine Werbe- und nicht um eine Informationskampagne. Die Kosten der Marketingmaßnahmen bezifferte "Lebensminister" Josef Pröll mit 200.000 Euro. Davon stammen 140.000 Euro vom Lebensministerium, 60.000 Euro von der WKÖ.
Trotz der derzeitigen Preisschlacht würden die Kunden - langfristig betrachtet - verstehen, dass "Qualität nicht billig sein kann", sagte Lemler. "Es geht nicht primär um einen starken Umsatzzuwachs, sondern darum, das Thema bewusst zu machen", meinte Manfred Müller, Geschäftsführer der Nah & Frisch Marketingservice GmbH. Johann Schweiger, Zielpunkt-Geschäftsführer, kündigte an, bis Jahresende "sämtliche Käfigeier" aus dem Sortiment nehmen zu wollen. "Das haben wir schon vor zehn Jahren gemacht", konterte Andreas Steidl von Rewe Austria.
Alles "eitel Wonne"?
Die Kritik an den "Nachhaltigen Wochen" blieb nicht aus: Die globalisierungskritische Organisation Attac erklärte in einer Aussendung, sie begrüße eine Umstellung zu einer nachhaltige Wirtschaftsweise. Die "Nachhaltigen Wochen" würden aber an das soziale Gewissen der Konsumenten appellieren, statt sich für globale Gerechtigkeit im Handel einzusetzen. "Der Handel trägt Verantwortung, aber auch der Konsument", betonte Pröll. "Mit dem Griff ins Regal hat der Konsument die Wirtschaft in der Hand." Wirtschaft und Politik sollten die Verantwortung nicht auf die Konsumenten abwälzen, meint Attac: "Es geht um eine verpflichtende einklagbare Umsetzung, dafür soll sich die österreichische Regierung stark machen, statt mit einer Marketingkampagne indirekt den Handel zu subventionieren."
"AMA nicht nachhaltig"
Greenpeace kritisiert, dass Fleisch und Produkte von Tieren, die mit Gentech-Soja gefüttert wurden und die das AMA-Gütesiegel tragen, als "nachhaltig" bezeichnet werden. "Die AMA hat Qualität, aber nicht Tierschutz zum Thema", sagt Michael Buchner, Nutztierreferent der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" gegenüber der "Wiener Zeitung". Beispielsweise müssten Tiere nicht zwangsläufig auf Stroh stehen, hätten oft keinen Auslauf und die Anbindehaltung sei erlaubt.