Die Weihnachtszeit ist Hochzeit fürs Geschäft, für den Konsum. Die Werbung bläut uns ein, Weihnachten sei besinnlich, ruhig und friedlich, ein Fest der Familie und der Liebe. Aus lauter Liebe soll man konsumieren und schenken. Viele folgen dem Ruf, fühlen sich wohl, wenn sie Geld ausgeben und Geschenke verteilen, auch an sich selbst. Wenn man nichts täte, wie stünde man da? Als armer Hund, als Ignorant, als Asozialer. Mitmachen im Konsum als Sozialleistung. Wer kauft, ist sozial. Wer spart, ist nicht nur knauserig, sondern geizig. Die Wirtschaft ist auf Verschwendung aufgebaut.
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Gemächlichen Schrittes in der Menge der gestressten Weihnachtseinkäufer in einer belebten Straße frage ich mich, wie das Bild aussähe, wenn viele sich nicht dem Konsumrausch ergäben. Nicht aus Geiz, sondern aus Vernunft. Die Verluste für den Handel wären besorgniserregend. Aufrufe, ja Beschwörungen wären zu vernehmen, sich doch nicht zurückzuhalten. Womöglich wird Sparen bald als Untugend, als Asozialität gebrandmarkt. Wenn nämlich viele oder gar alle sparen, überlegt ihr Geld ausgeben, ist die Verschwendungswirtschaft am Ende. Dann wackeln Jobs, gehen viele Lichter aus. Also kommen zur Werbung gezielte Kampagnen, die Sparsame als Verweigerer, als Feinde der Gesellschaft abstempeln, die aktiv zum Verlust von Arbeitsplätzen beitragen. Wer sein Konsum-Soll nicht aufbringt, muss eine Sondersteuer zahlen. Denn Sparer schaden der Verschwendungswirtschaft.
Auch wer versucht, seine Schulden zu mindern, oder erst gar keine Privatschulden anhäuft, wird an die Kandare genommen, weil er Banken schädigt, ihnen das bitter notwendige Geschäft wegnimmt, den gesunden Wirtschaftskreislauf stört. Schuldenmachen gehört dazu. Wer sich da raushält, verhält sich abweichend, abnormal, gefährlich.
Wer nicht verschwenderisch konsumiert und keine Schulden hat, ist auffällig, pflegt eine Art Unabhängigkeit, die systemgefährdend ist. Er gibt nichts ab, nimmt am Verschuldungskreislauf nicht teil, boykottiert die Verschwendung, ist außerhalb der Gemeinschaft. Solche Elemente muss man aufspüren und bestrafen. Die Medien müssen besser, breiter, effizienter für die Konsumverschwendungserziehung ausgerüstet und unterstützt werden: mehr Presseförderung, mehr Einbindung der Programme in Schulunterricht, Kindergarten und Vorschule. Niemand bleibt draußen: Wir sitzen alle im selben Boot. Nicht mitmachen gilt nicht.
Wir erreichen die nötige Gleichheit, Grundlage unseres Rechtsstaats, nur durch gleich intensives Konsumieren. Konsumverweigerung darf nicht mehr als Kavaliersdelikt abgetan werden, sondern muss als kriminelles, asoziales Verhalten bestraft werden.
O du fröhliche. . . ! Ja, wir machens immer besser. Wir kaufen und konsumieren und arbeiten, um zu kaufen und zu konsumieren. So ist es recht. Da kommt man nicht auf blöde Gedanken und bewährt sich als Gutmensch. Sozial eben. Denn alle sollen ja etwas davon haben in unserer ruhigen, friedlichen, lieblichen Gesellschaft. Schöne Weihnacht!
Haimo L. Handl ist Politik- und Kommunikationswissenschafter.