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Kontrolle des Surf-Verhaltens

Von Judith Morgenstern

Wirtschaft

Ohne vorherige schriftliche Zustimmung darf den Arbeitnehmern nicht virtuell über die Schulter geschaut werden.


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In der Praxis ist das Mitwirkungsrecht des Betriebsrates bei der Kontrolle des Surf-Verhaltens der Mitarbeiter unbestritten. Weniger bekannt ist, was in Betrieben ohne Betriebsrat zu gelten hat. Vielfach herrscht hier das Verständnis der Arbeitgeber "alles" kontrollieren zu dürfen. Diese Kontrolle beschränkt sich in der Regel nicht nur auf das Sperren bestimmter Internetseiten, sondern beinhaltet vielfach auch eine Auswertung des Nutzungsverhaltens.

Judith Morgenstern ist Expertin für Arbeitsrecht in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte, www.mosati.at.
© Privat

Flächendeckendes Auswerten "auf Vorrat" ist nicht erlaubt. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Auswertung des Nutzungsverhaltens der einzelnen Arbeitnehmer ist zunächst, dass es Regeln zur Internetnutzung gibt, deren Einhaltung überwacht werden soll. Darunter können auch sicherheitstechnische Vorgaben verstanden werden. Überdies bedarf die Kontrolle des "Surf-Verhaltens" der vorherigen schriftlichen Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers. In dieser schriftlichen Zustimmungserklärung müssen die Arbeitnehmer darüber informiert werden, dass eine periodische Auswertung ihres Surfverhaltens zur Kontrolle erfolgt. Überdies ist dem einzelnen Arbeitnehmer bekanntzugeben, welche Auswertungen konkret erstellt werden (können).

Es handelt sich dabei meist um die angewählten (zugelassenen oder gesperrten) Internetseiten, die Uhrzeit des Aufrufes und die Verweildauer auf der jeweiligen Internetseite. In Kenntnis dieser Umstände muss der Arbeitnehmer seine ausdrückliche Zustimmung zur Speicherung und Auswertung der logfiles erteilen. Inhalt der Zustimmungserklärung sollte auch sein, für welche Dauer der Arbeitnehmer seine Zustimmung erteilt (für befristete Zeit oder für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses). Im diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass nicht abschließend geklärt ist, ob der Arbeitnehmer die erteilte Zustimmung jederzeit widerrufen kann. Bejaht man das jederzeitige Widerrufsrecht, hätte dies die Folge, dass ab dem Widerruf eine Speicherung und Auswertung der logfiles des konkreten Arbeitnehmers nicht mehr zulässig ist. Dem Arbeitgeber würde bei Zuwiderhandeln eine Verwaltungsstrafe und eine Unterlassungsklage des betroffenen Arbeitnehmers drohen.

Einzelne Kontroll-Systeme ermöglichen es dem Arbeitgeber, sich jederzeit ohne Wissen des Arbeitnehmers auf dessen PC zu verbinden und dem Arbeitnehmer virtuell "über die Schulter zu sehen." Derartige Kontrollmaßnahmen werden selbst bei Zustimmung der Arbeitnehmer mit großer Wahrscheinlichkeit als unzulässig erachtet. Wird ein Auswertungssystem zur Kontrolle der einzelnen Arbeitnehmer implementiert, ist überdies zu beachten, dass diese Datenanwendung im Datenverarbeitungsregister anzumelden ist. Derartige Anmeldeverfahren können mehrere Monate in Anspruch nehmen und sind vielfach mit Auflagen der Datenschutzbehörde verbunden. Bei Verletzung der Anmeldepflicht drohen Verwaltungsstrafen.

Empfehlung: Solange das Internetnutzungsverhalten nicht personenbezogen ausgewertet wird, sondern nur eine Statistik erstellt wird, die keine Rückschlüsse auf einzelne Arbeitnehmer zulässt, ist dies auch ohne Zustimmung der Arbeitnehmer zulässig.

Judith Morgenstern ist Expertin für Arbeitsrecht in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte, www.mosati.at.