ÖVP-Landesrat wollte keine Kontrolle durch Beamte der Buchhaltung.
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Salzburg. Der Untersuchungsausschuss im Land Salzburg startete am Mittwoch mit der Befragung von Auskunftspersonen und konnte die Einzeltätertheorie, dass die Schieflage der Finanzen des Landes die Schuld einer Einzelperson mit krimineller Energie ist, gleich zu den umfangreichen Akten legen. Es gab schon bald nach Einstieg des Landes ins Finanzmanagement Hinweise auf riskante Geschäfte, die wurden aber ignoriert. Nicht nur einmal und nicht nur von einem Verantwortlichen.
Vor allem in der Buchhaltung des Landes gab es große Vorbehalte gegen die Geschäfte, die sich aus dem Finanzmanagement ergaben. Manfred Müller, heute Chef des Landesrechnungshofes, leitete die Buchhaltung von Mitte 1999 bis Mitte 2005, also in der Zeit, als 2001 der Einstieg ins Finanzmanagement erfolgte. Aus seiner Zeit als Bankkaufmann sei ihm klar gewesen, "dort, wo es Erträge gibt, gibt es auch Risiken". Im Zuge der Finanzgeschäfte gab es immer wieder Zahlungsströme, die die Buchhaltung nicht nachvollziehen konnte. Aufgrund der aus dem Informationsmangel entstehenden Konflikte mit dem Budgetreferat, in dem die Leiterin Monika Rathgeber für das Finanzmanagement zuständig war, habe Müller das Gespräch mit dem damaligen Ressortleiter, Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Eisl (ÖVP) gesucht.
Die Grünen fordern Müllers Abberufung
"Wir hatten keine Chance, das Risiko nachzuvollziehen", erklärte Müller vor dem Ausschuss. Das habe er Eisl mitgeteilt, dessen Antwort war: "Das ist nicht ihre Aufgabe", so Müller. Die Geschäfte wurden überwiegend über den Versorgungs- und Unterstützungsfonds des Landes abgewickelt, der 2003 eingerichtet wurde. "Explizit für das Finanzmanagement", wie Müller sagte. Offizieller Zweck ist "Sicherung von Pensionen und Maßnahmen zur freien Wohlfahrt", das aber nur, um die Kapitalertragssteuer zu umgehen. In diesen Fonds hatte die Buchhaltung keinen Einblick.
Deshalb hat Müller in seiner Zeit als Direktor des Landesrechnungshofes auch den Bundesrechnungshof angewiesen, bei dessen Prüfung der Salzburger Finanzen diesen Fonds "genau anzuschauen". Eine separate Prüfung durch den Landesrechnungshof veranlasste er mangels Ressourcen trotz seiner Bedenken nicht. Das veranlasste die Grünen, noch während der Landtagssitzung via Presseaussendung die Abberufung von Müller als Rechnungshofdirektor zu fordern. "Obwohl er das Prüforgan des Landtags ist, verabsäumte er es, die Landtagsmitglieder zu informieren", sagte Grünen-Chefin Astrid Rössler.
In seiner Zeit als Leiter der Buchhaltung hatte Müller auch Eisls Nachfolger als Landeshauptmann-Stellvertreter, Othmar Raus (SPÖ), auf die mangelnde Kontrolle der Geschäfte aufmerksam gemacht. Raus sei interessierter an der Thematik gewesen als Eisl. In weiterer Folge richtete Raus den Finanzbeirat ein. Das sei für Müller als Rechnungshofdirektor ein Signal gewesen, dass "die Dinge in vernünftige Bahnen kommen". Dem war aber nicht so. Im Jahr 2006 wurde die Buchhaltung im Zuge einer Strukturreform an die Finanzabteilung angeschlossen und in der Folge personell ausgedünnt.
Frühe Hinweise auf risikoreiche Geschäfte
Dass es durchaus Hinweise auf riskante Geschäfte gab, bestätigten auch andere Mitarbeiter in der Landesbuchhaltung. "Wir haben schon festgestellt, dass das unter Umständen sehr risikoreiche Geschäfte sein könnten", sagte der Leiter jener Stelle durch die Buchungen des Finanzmanagements liefen. Dass der Umfang der Geschäfte stets größer geworden ist, sei in der Buchhaltung auch aufgefallen, sagte ein anderer Mitarbeiter aus. Gemeldet wurde das aber nicht. Abteilungsleiter Eduard Paulus, ab 2006 auch Chef der Buchhaltung, habe von dieser nicht die höchste Meinung gehabt.
Ein interessantes Detail lieferte am Nachmittag die Befragung des Nachfolgers von Rathgeber im Budgetreferat. Harald Kutschera war von der Deutschen Bank zum Land Salzburg gewechselt und hatte schon dort mit Geschäften des Landes zu tun. Ironischerweise war er, der nun mit der Auflösung von Rathgebers Geschäften beschäftigt ist, es, der die damalige Leiterin des Budgetreferats 2001 in die Finanzwelt einführte. "Sie hat von Derivaten damals nicht wirklich eine Ahnung gehabt, ich habe ihr erklärt, wie diese Produkte funktionieren", sagte Kutschera vor dem Ausschuss.
Am heutigen Donnerstag sagt Rathgeber vor dem U-Ausschuss aus.